Essenslieferdienste – ein kartellrechtlich sensibler Markt
Essenslieferdienste
Kartellrechtlich sensibler Markt
Von Helmut Kipp
Stress mit Wettbewerbshütern haben Essenslieferdienste immer mal wieder. Das hängt mit strukturellen Problemen des Geschäftsmodells zusammen. Der Branche machen geringe Kundenbindung, schwache Margen und nachlassendes Wachstum zu schaffen. Vielen Anbietern fällt es noch immer schwer, nachhaltig schwarze Zahlen zu erwirtschaften. Vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sonderfaktoren mögen die Kennzahlen passabel aussehen, aber unter dem Strich stehen oft genug tiefrote Zahlen. Zugleich sind Investoren immer weniger bereit, Verluste und Investitionen zu finanzieren.
Selbst ein Monopol in einem eng abgegrenzten Markt bedeutet keinesfalls, dass es keinerlei Wettbewerb gibt. Denn Essenslieferanten konkurrieren auch mit lokalen Pizzadiensten, Fertigessenanbietern, ortsansässigen Restaurants und dem Lebensmittelhandel. Die einzige große Lieferplattform zu sein, ist also längst keine Garantie für auskömmliche Erträge. Das hängt nicht zuletzt mit den hohen Kosten für das Vorhalten der Fahrerflotte zusammen.
Die notwendige Marktbereinigung läuft seit Jahren, ist aber alles andere als abgeschlossen. International agierende Anbieter ziehen sich aus einzelnen Ländern zurück, indem sie ihr Geschäft an einen Wettbewerber verkaufen. Mit der Folge, dass die Anbieterzahl sinkt. Oft verbleiben nur ein oder zwei große Lieferplattformen. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit der Kartellbehörden, die zeitraubende Prüfungen vornehmen und harte Auflagen als notwendig erachten. Um die milliardenschwere Übernahme von Woowa in Südkorea durchzubringen, musste Delivery Hero die eigene Tochter hergeben, die Nummer 2 in dem Land. Derzeit läuft der Verkauf des Foodpanda-Geschäfts in Taiwan an Uber, mit dem de facto ein Monopol für Essenslieferungen in Taiwan entsteht. Auch hier drohen weitreichende Auflagen. Geht die Marktbereinigung mit Wettbewerbsverstößen einher, kann die Sache richtig teuer werden, wie die mutmaßlichen Absprachen zeigen, in die Delivery Hero und Glovo, seit 2022 eine Tochter des Konzerns, verwickelt sind. Nun drohen mehr als 400 Mill. Euro Strafe.