Kryptomarkt

Ethereum-Upgrade weckt Hoffnungen der Investoren

Durch das nahende Upgrade „The Merge“ soll Ethereum skalierbarer und nachhaltiger werden. Das hebt die Hoffnungen der Krypto-Investoren – doch ihnen drohen Enttäuschungen.

Ethereum-Upgrade weckt Hoffnungen der Investoren

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Die Teilnehmer am Kryptomarkt blicken dem Ende einer langen Wartezeit entgegen: Im September soll das Ethereum-Netzwerk vom stromintensiven Proof-of-Work-Konsensmechanismus (PoW) auf die energie­effizientere Proof-of-Stake-Variante (PoS) umgestellt werden. Von dem Upgrade versprechen sich Investoren eine Lösung der Skalierbarkeitsprobleme der Blockchain, die Transaktionskapazität und -geschwindigkeit sollen in der Folge deutlich steigen. Zudem soll die zugehörige Kryptowährung Ether für Nachhaltigkeitsinvestoren gangbarer werden.

Denn beim bisher verwendeten PoW-Mechanismus, auf den auch die führende Digitalwährung Bitcoin per Protokoll festgelegt ist, müssen die auf der Blockchain aktiven Miner eine zufällige Zahl finden, um der Chain einen neuen Block hinzufügen zu dürfen. Weil eine große Masse an Computern innerhalb des Netzwerks dabei unzählige Ziffernkombinationen ausprobiert, erfordert der Prozess eine enorme Rechenleistung – und verbraucht damit viel Strom. Da dieser wiederum immer noch zu bedeutenden Anteilen aus fossilen Quellen kommt, stößt der CO2-Fußabdruck von PoW-Mining nachhaltigkeitsorientierte Investoren ab.

Beim PoS-Verfahren dagegen entfällt das rechenintensive Wettrennen darum, wer den nächsten Block validieren darf. Stattdessen frieren Staker einen gewissen Anteil an Kryptowerten der jeweiligen Blockchain ein. Nach der Höhe dieses Anteils richtet sich, wer den Zuschlag zur Blockvalidierung erhält. Die Umstellung auf den Mechanismus soll laut den Ethereum-Entwicklern eine Energieeinsparung von 99,95% mit sich bringen.

Die Aussicht darauf, dass das unter dem Namen „The Merge“ laufende Upgrade nur noch Wochen entfernt sein könnte, hat die Aktivität auf der Blockchain angefacht. Die Zahl der Transaktionen innerhalb des Netzwerks kletterte im gleitenden Siebentagesdurchschnitt zuletzt auf über 1,2 Millionen, nachdem sie zwischenzeitlich unter die Marke von 1 Million abgerutscht war. Die zugehörige Digitalwährung Ether gehörte zudem zu den großen Gewinnern der jüngsten Krypto-Bärenmarktrally: Zwischen Ende Juni, als sie sich nur knapp über der Marke von 1000 Dollar hielt, und dem Ende der vergangenen Woche legte sie um mehr als 60% zu.

Starke Mittelzuflüsse

Dass die Anleger zuletzt wieder in die zweitgrößte Cyberdevise ge­strömt sind, lässt sich auch an Daten des Vermögensverwalters Coinshares ablesen. In der zurückliegenden Woche verzeichneten Anlageprodukte demnach Zuflüsse von 8 Mill. Dollar, während die nach verspäteten Handelsmeldungen korrigierten Zahlen für die Vorwoche gar Zuflüsse von 120 Mill. Dollar ausgewiesen hätten. Binnen einer einzelnen Woche habe es einen so starken Zustrom zuletzt im Juni 2021 gegeben, was auf einen Stimmungsumschwung nach einer elfwöchigen Serie von Mittelabflüssen hindeute. „Dies lässt ebenfalls darauf schließen, dass sich das Vertrauen der Anleger mit dem Fortschreiten von ‚The Merge‘ erholt“, kommentiert James Butterfill, Head of Research von Coinshares, die Entwicklung.

Allerdings hatte Ether vor dem jüngsten Aufschwung noch wesentlich heftigere Wertverluste hinnehmen müssen als der bereits stark gebeutelte Marktprimus Bitcoin. Seit Jahresbeginn gerechnet beläuft sich der Abschlag zum Dollar trotz des zuletzt absolvierten Zwischenspurts noch immer auf über 60%. Wie andere Cyberdevisen leidet auch Ether unter der geldpolitischen Straffung internationaler Notenbanken, insbesondere der Federal Reserve. Der deutliche Liquiditätsentzug an den Märkten und die allgemein zunehmende Risikoaversion setzt den noch immer stark spekulativ geprägten Markt für Kryptowährungen besonders stark unter Druck.

Hinzu kommt, dass der Zusammenbruch des Stablecoins TerraUSD sowie die Insolvenzen mehrerer Digital-Assets-Dienstleister das Vertrauen in das dezentralisierte Finanzwesen (DeFi) untergraben haben. Der Grundgedanke hinter DeFi besteht darin, klassische Finanzkonzepte mit Distributed-Ledger-Technologien zu verbinden und zentrale Intermediäre abzulösen. Dabei helfen Smart Contracts, also Computerprotokolle, die Transaktionen dezentral und automatisiert ausführen können.

Laut der Plattform DeFi Llama beläuft sich das Volumen des Kryptokapitals, das in Smart Contracts mit DeFi-Bezug liegt, derzeit auf 84 Mrd. Dollar – Anfang Mai waren es noch über 200 Mrd. Dollar. „Da Ethereum für rund 65% der in DeFi-Protokollen hinterlegten Mittel verantwortlich ist, wurde Ether überproportional stark abverkauft“, be­tont Matthew Sigel, Head of Digital Assets Research beim Assetmanager Van Eck. Die Folgen der jüngsten Marktverwerfungen könnten noch anhalten, da die Portfolios insolventer Krypto-Dienstleister liquidiert würden, um Schulden zu begleichen.

Ob sich Ether wirklich nachhaltig erholen kann, steht daher noch aus – zumal sich das für „The Merge“ angepeilte Datum bereits mehrfach verschoben hat. Nicht ausgeschlossen, dass auch die Hoffnungen der Investoren auf den September-Termin enttäuscht werden.

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