Europäischer Green Bond Standard

EU arbeitet am Goldstandard für Green Bonds

Grüne Anleihen haben sich zu einem wichtigen Instrument entwickelt. Jetzt soll eine EU-Regulierung kommen, die strenger ausfallen dürfte als der bisherige Standard des Branchenverbands.

EU arbeitet am Goldstandard für Green Bonds

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Das Wachstum bei grünen Anleihen ist wild, aber nicht ungezügelt. Zwar fehlt für die zweckgebundenen Anleihen weiterhin ein gesetzliches Regelwerk. Doch die Emittenten und Investoren halten sich an bewährte Marktstandards wie die Green Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA). Zu den Vorgaben des Branchenverbands zählt beispielsweise, dass die Mittel ausschließlich für nachhaltige Projekte wie erneuerbare Energie verwendet werden dürfen.

Jetzt soll ein europäischer Green Bond Standard (EU GBS) kommen, der derzeit den gesetzgeberischen Prozess durchläuft und der an EU-spezifische Anforderungen geknüpft ist. Der wichtigste Unterschied zu den ICMA-Regeln: Die Mittelverwendung muss mit der EU-Taxonomie übereinstimmen (Konformität). Vorgesehen ist außerdem, externe Prüfer verpflichtend zu machen und diesen von der ESMA beaufsichtigen zu lassen. Eine externe Prüfung der Anleihebedingungen und der Anwendung des Regelwerks, also eine Second Party Opinion, wird bei Green Bonds bislang nur empfohlen. „Wenn diese Prüfung innerhalb des EU GBS verpflichtend wird, wäre das stringenter als die Vorgaben der ICMA“, sagt Tobias Gruber, Analyst der DZ Bank. Die ICMA gibt eher allgemeine Bereiche vor. Mit dem EU GBS in Kombination mit der Taxonomie wären die Anforderungen deutlich enger, da es technische Definitionen und Kriterien gebe.

Die Taxonomie unterteilt bei den ersten beiden von sechs Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ in mehr als zehn Sektoren, wie investiert werden muss. „Mit einer klareren Definition und der Verbindung mit der Taxonomie könnte es sein, dass sich im Zeitablauf der EU GBS durchsetzt. Erst einmal wird es aber ein Nebeneinander geben, zumal es sich hier um freiwillige Instru­mente handelt“, so Gruber. Positiv sei, dass bei der EU Projekte im Bereich der Transition finanziert werden können, die in einem Zeitraum von fünf (in Ausnahmefällen bis zu zehn) Jahren grün werden.

Investoren für EU-Regeln

Klare EU-Regeln bei Investments in Green Bonds werden von den Verbänden begrüßt. Die Aussicht auf eine Alternative zum ICMA-Standard dürfte den Markt weiter beleben. Je nach Segment ist das Geschäft mit Green Bonds noch überschaubar. Die Investitionen der deutschen Versicherer sind mit 0,7% noch klein. Hinzu kommen Social Bonds mit einem Anteil von 0,3%. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen stellt aber klar: „Die Versicherer haben insgesamt ein großes Interesse, die Kapitalanlagen in diesem Bereich zu erhöhen.“ Es sei davon auszugehen, dass in Zukunft vermehrt grüne Finanzprodukte verkauft werden. Asmussen: „Für Versicherer stellt sich die Frage, mit welcher Kapitalanlage grüne Produkte unterlegt werden können. Ein Musterbeispiel wären Offshore-Windparks, doch das sind illiquide Anlagen mit hohen Risiken. Daher brauchen wir die Assetklasse der Green Bonds

Im Rahmen der EU-Konsultation haben die Verbände darauf hingewiesen, dass der bewährte ICMA-Standard auch Nachteile habe. Ein Kritikpunkt ist, dass weniger Wert darauf gelegt werde, was genau mit den Mitteln passiert. Hinzu komme, dass der Emittent an sich nicht bewertet wird und es bei ICMA also denkbar wäre, dass ein schmutziger Emittent einen Green Bond begibt. „Für uns als Branche geht es daher um Sicherheit in dem Segment – auch vor dem Hintergrund von Greenwashing“, sagt Asmussen.

Wichtig ist es aus Sicht der Investoren, dass es ein vollständiges Grandfathering gibt. Für Investoren wäre es sehr nachteilig, wenn bei einer Änderung der Taxonomieverordnung diese nicht mehr mit den ursprünglichen Emissionsbedingungen übereinstimmt und der Bond in der Folge seinen EU-GBS-Status verliert, argumentiert der GDV.

Auf dem richtigen Weg

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EESC) hat Anfang April innerhalb des Verfahrens die Ansicht geäußert, dass der EU-Standard das Potenzial habe, sowohl für Emittenten als auch für Anleger erhebliche wirtschaftliche Vorteile zu bringen. Dies sei möglich, weil der Vorschlag darauf abziele, einen universellen, glaubwürdigen und gestrafften Mechanismus für die Emission grüner Anleihen zu schaffen, der Informationsasymmetrien minimiere und den Emittenten im Rahmen dieses Standards erhebliche Reputationsvorteile verschaffen könne. Mitte April haben sich die EU-Mitgliedstaaten darauf verständigt, dass es keinen Ausschluss von Atom und Gas beim EU GBS geben soll, wie aus den vom Ministerrat veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Im EU-Parlament ist die Frage noch nicht entschieden. Klar ist nach aktuellem Stand auch, dass der neue Standard auf freiwilliger Basis eingeführt werden soll. Die Mitgliedstaaten bestätigten auch, dass die Taxonomie-Konformität die Basis für den EU GBS sein wird.

Zwei Übergangsfristen sind vorgesehen. Förderfähige Investitionen können sich aber auch auf Wirtschaftstätigkeiten beziehen, welche die Anforderungen der Taxonomie nicht sofort, sondern innerhalb von fünf Jahren (in Ausnahmefällen zehn Jahren) erfüllen. Bei Änderungen der Taxonomiekriterien gibt es Bestandsschutz von fünf Jahren. Mit dem Abschluss der Verhandlungen der drei EU-Gesetzgeber im Mai könnte das neue Instrument des EU GBS in diesem Jahr finalisiert werden.

Goldstandard keine Pflicht

Bei so viel Zustimmung zu den EU-Standards stellt sich die Frage, ob ein Green-Bond-Gesetz notwendig ist. Es gibt einen funktionierenden Standard, doch möglicherweise sind die ICMA-Regeln nicht streng genug, um Greenwashing auszuschließen. Doch selbst die EU setzt bei ihren Emissionen auf die Regeln des Branchenverbands. Das Programm Next Generation mit milliardenschweren Emissionen bezieht sich auf das ICMA-Rahmenwerk. „Die EU-Kommission wendet also den geplanten Goldstandard noch nicht für eigene Bonds an“, so Analyst Gruber.

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