China

Exportturbo abgeschaltet

Chinas Exporte legen nicht mehr so rasant zu wie gewohnt, weil die globale Nachfrage nachlässt. Für die bereits heftig angegriffene Konjunktur ist das eine schlechte Nachricht zu einer denkbar schlechten Zeit.

Exportturbo abgeschaltet

Exportweltmeister China hat seine Ausfuhren im August um gut 7% gesteigert. Das klingt nach einer robusten Performance in diesen geopolitisch und weltwirtschaftlich unsteten Zeiten und wird von der heimischen Wirtschaftspresse auch so dargestellt. Tatsächlich aber ist ein mittlerer einstelliger Exportzuwachs im Kontext der gegenwärtigen Konjunkturmisere im Reich der Mitte alles andere als eine Erfolgsmeldung und dürfte bei Pekings Wirtschaftsplanern die Alarmglocken schrillen lassen. Sie konnten sich in den zwei Jahren seit der Überwindung des ersten Pandemieschocks fest darauf verlassen, dass eine Überperformance der Exportindustrie und der Beitrag des Außenhandels zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) andere Schwächen übertüncht und China im Konzert der führenden Wirtschaftsnationen gut dastehen lässt. Im vergangenen Jahr und auch in der ersten Jahreshälfte 2022 dürfte die Außenhandelskomponente nach grober Überschlagsrechnung etwa ein Drittel zum chinesischen BIP-Wachstum beigetragen haben. Das waren allerdings Zeiten, in denen Chinas Exporte ungehindert aller Handelsstreitigkeiten, militärischen Konflikte und nicht zuletzt heftigen globalen Lieferkettenstörungen praktisch jeden Monat wieder um 20 bis 40% gegenüber dem Vorjahr zulegen konnten. Nun kommen aber Faktoren zusammen, die dem Champion das Leben schwer machen.

Chinas Exportwirtschaft hat sich vom anfänglichen Pandemieschock zwar nicht groß aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Sie wird nun aber von andauernden Störungen durch Lockdowns, Mobilitätsrestriktionen und Corona-Schutzprotokolle regelrecht zermürbt. Jeden Betrieb kann es jederzeit erwischen. Auch auf der Abnehmerseite bringt dies Unsicherheit und reduziert die Bestellfreudigkeit. Im August werden die Weichen im Weihnachtsgeschäft gestellt. Man wird sich vielleicht mit noch weniger Lametta begnügen.

In jedem Fall aber führt die Konstellation hoher Inflationsraten und Energiepreise sowie rezessiver Tendenzen in westlichen Industrieländern zu Anpassungsreaktionen, die den bisherigen Houdini-Akt der chinesischen Exportindustrie in Frage stellen. Ausgehend von den USA und Europa kommt es bereits zu einer Drosselung der globalen Nachfrage, und in asiatischen Ländern, wo die Hausse des Dollar zu Problemen führt, zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab. Damit wird es unwahrscheinlich, dass sich Chinas Exportdynamik rasch wieder aufbäumt und erst recht unwahrscheinlich, dass der Außenhandel Chinas Konjunktur erneut aus der Patsche helfen kann.

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