KommentarStandort-Debatte

Frische Ideen dringend gesucht

Wirtschaftspolitik gehört ganz oben auf die Agenda. Ohne neue Wachstumsoptionen steht Deutschlands Zukunft als Industrienation infrage.

Frische Ideen dringend gesucht

Standort D

Frische Ideen dringend gesucht

Von Andreas Heitker

Wirtschaftspolitik gehört ganz oben auf die Agenda. Ohne neue Wachstums­optionen steht Deutschlands Zukunft als Industrienation infrage.

Es ist frustrierend. Nach dem Ampel-Aus Anfang November haben alle Parteien noch einen „Wirtschaftswahlkampf“ angekündigt. Schließlich gehört es zu den zentralen Aufgaben der zukünftigen Regierung, schnell etwas gegen die strukturellen Standortprobleme zu unternehmen. Doch über Reformkonzepte für mehr Wachstum wird mittlerweile so gar nicht mehr öffentlich diskutiert. Robert Habecks Vorstoß zur Finanzierung der Krankenkassen (Sozialabgaben auf Kapitalerträge) war einer der wenigen neuen Ideen, der aber auch nicht weitergeholfen hat und zu Recht abgewatscht wurde.

Wie sollen Steuersenkungen für Unternehmen oder eine Reform der Netzentgelte finanziert werden? Welche Rentenreform wird dem demografischen Wandel gerecht? Welchen Spielraum hat eine Bundesregierung überhaupt noch beim Bürokratieabbau? Im Wahlkampf kommen solche Themen kaum noch vor. Deshalb war es wichtig, dass die Wirtschaft jetzt noch einmal Alarm geschlagen hat, um die Standortkrise wieder dahin zu setzen, wo sie hingehört: ganz weit oben auf die politische Agenda. Ohne bessere Rahmenbedingungen für mehr Wachstum wird keine Regierungskoalition eine Infrastruktur-Offensive starten können, wird die grüne Transformation ins Stocken geraten, und Deutschlands Zukunft als Industrienation dürfte zunehmend infrage stehen.

Kein Wachstum schon seit 2018

Das Ampel-Bashing der Verbände hilft hier nur bedingt. Denn die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft reichen schon länger zurück. Seit 2018 gibt es kein Wachstum mehr. Die Unterfinanzierung der Infrastruktur dauert schon viel länger. Und die Bürokratiekosten werden schon seit einer Dekade insbesondere von Brüssel aus vorangetrieben. Hinzu kommen der neue geopolitische Rahmen, auf den bislang noch niemand eine gute Antwort gefunden hat. Billiges Gas aus Russland für Exporte nach China unter dem Sicherheitsschutzschirm der USA? Dieses Geschäftsmodell ist längst am Ende. Auch darüber sollte im Wahlkampf mehr diskutiert werden, etwa in Bezug auf die Herausforderungen für den künftigen Verteidigungshaushalt.

Die EU-Kommission hat bereits konkret begonnen, den Fokus wieder stärker auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu setzen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Es wäre aber gut, wenn die neue Bundesregierung diesen Weg unterstützen und dabei mit einer abgestimmten Europapolitik wieder mehr Einfluss nehmen würde.