KommentarSportartikelindustrie

Nike stößt im Online-Geschäft an Grenzen

Nike hat den Fachhandel längere Zeit vernachlässigt. Das hat Folgen für den größten Sportartikelkonzern. Der neue CEO Elliott Hill will den Fehler wettmachen.

Nike stößt im Online-Geschäft an Grenzen

Sportartikel

Die Grenzen des Online-Geschäfts

Von Joachim Herr

Nike hat den Fachhandel vernachlässigt. Der neue CEO Elliott Hill will
den Fehler wettmachen.

Nike verliert weiter an Tempo. Der größte Sportartikelanbieter ist mit einem Umsatzrückgang von 10% in das Geschäftsjahr gestartet, das am 1. Juni begonnen hat. Der Erlös im Onlinesegment fiel in der Zeit von Juni bis August sogar um 20%. Der Trend der Monate zuvor setzt sich damit fort. Während der Corona-Pandemie mit geschlossenen Läden hatten die Bestellungen via Internet stark angezogen. Das konnte die gewaltigen Umsatz- und Gewinneinbußen der Branche allerdings nur leicht mildern.

Zweistellige Wachstumsraten sind im gesamten Onlinehandel aber längst passé. Für Deutschland zum Beispiel rechnet das Handelsforschungsinstitut EHI in diesem Jahr mit einem nominalen Umsatzanstieg der 1.000 größten Internetläden von gerade einmal 1%. Preisbereinigt ergäbe sich ein Minus, auch wenn dieses wohl nicht so hoch ausfällt wie in den zwei vergangenen Jahren.

Auf längere Sicht gescheitert

Kurzfristig betrachtet bringt der direkte Weg der Sportartikelkonzerne zu den Konsumenten via Internet und in den eigenen Läden eine höhere Umsatzrendite, da Groß- und Einzelhandel außen vor bleiben. Dieser Versuchung sind sowohl der frühere Adidas-Chef Kasper Rorsted als auch Nike-CEO John Donahoe erlegen. Beide steigerten zunächst die Margen, scheiterten aber auf längere Sicht. Donahoe muss Mitte Oktober gehen.

Zwar hatte Donahoe erkannt, dass er die Bedeutung des Geschäfts mit den Händlern unterschätzt hatte. Doch der Strategiewechsel im Frühjahr kam zu spät. Nike vertraut an der Spitze künftig Elliott Hill, der 2020 nach 32 Jahren den Konzern verlassen hatte und nun aus dem Vorruhestand zurückkehrt. Wie Adidas-Chef Bjørn Gulden, der zuvor Puma auf einen Wachstumspfad zurückgebracht hatte, ist Hill mit allen Wassern des Handelsgeschäfts und der Sportartikelbranche gewaschen.

Engere Nähe

Gulden ist nah an den Produkten und nah am Fachhandel, der es zu schätzen weiß, dass und wie Gulden den Kontakt pflegt. In den Läden entsteht eine viel engere Nähe zu den Konsumenten als mit ein paar Klicks der Computermaus. Produkte lassen sich anfassen und anprobieren, das Einkaufen kann zum Erlebnis werden. Und mit diesem Kanal werden Marken sichtbar.

Wegen der zwischenzeitlich stärkeren Ausrichtung auf das „Direct-to-Consumer“-Segment im Internet und mit eigenen Läden hat Nike Platz in den Regalen der Geschäfte verloren. Das nutzen Konkurrenten wie Adidas und kleinere Laufschuhmarken wie Hoka und On. Diese Flächen zumindest zum Teil zurückgewinnen, ist eine entscheidende Aufgabe für den neuen Nike-CEO Elliott Hill.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.