Glyphosat-Klagen

Geplatzte Träume

Aus der Traum: Der Supreme Court in den USA wird die von Bayer beantragte Revision eines Glyphosat-Urteils aller Voraussicht nach ablehnen. Damit rücken die Rechtsrisiken wieder in den Vordergrund.

Geplatzte Träume

Wie gewonnen, so zerronnen. Bayer hat die am Dienstag eingefahrenen Kursgewinne im Gefolge der guten Quartalszahlen einen Tag später vollständig eingebüßt. Plötzlich sind die Glyphosat-Klagen wieder das kursbestimmende Thema. Dabei hatten die Leverkusener so sehnlichst gehofft, nach fast vier Jahren endlich einen Schlussstrich unter die Causa ziehen zu können. Noch im Dezember hatte man frohlockt, weil der Oberste Gerichtshof in den USA die beantragte Revision nicht in Bausch und Bogen verworfen, sondern bei der US-Regierung eine Stellungnahme an­gefordert hatte. Bayer sah sich dadurch in der eigenen Einschätzung bestärkt.

Fünf Monate später sind die Träume jäh zerplatzt. Der Solicitor General als Prozessvertreter der Biden-Regierung empfiehlt dem Supreme Court, die beantragte Revision abzulehnen. Zwar liegt die finale Entscheidung über Annahme oder Ab­lehnung der Berufung beim obersten­ Gericht, doch käme es einer faustdicken Überraschung gleich, sollte der Prozess neu aufgerollt werden.

Vordergründig geht es um die Überprüfung des Urteils in einem einzigen Fall. In dem war Bayer am Ende zu Schadenersatz von gut 25 Mill. Euro verurteilt worden. Faktisch aber wollte Bayer erreichen, dass die ge­samte Glyphosat-Thematik, die schon Milliarden gekostet hat – allein 2021 wurden 4,3 Mrd. Euro für Vergleiche gezahlt –, rechtlich neu bewertet wird. Danach sieht es nun erst einmal nicht aus.

Das zieht nicht nur juristische Weiterungen nach sich, sondern auch pekuniäre. Denn erst im vorigen Jahr musste Bayer die Rückstellungen für künftige Klagen um 4,5 Mrd. Dollar aufstocken, da der angedachte Vergleichsmechanismus für den Umgang mit ebendiesen Klagen beim zuständigen Gericht durchgefallen war.

Zwar wird Bayer nun im nächsten Schritt keine weitere bilanzielle Vorsorge treffen müssen, ist nach den Aussagen doch „absolut ausreichend vorgesorgt“. Gedanklich war das Geld jedoch schon verplant, hatten die Leverkusener doch fest damit gerechnet, die Rückstellungen bei einem positiven Urteil auflösen zu können.

Noch schwerer wiegt, dass die mit der Übernahme von Monsanto eingekauften Rechtsrisiken einen nicht enden wollenden Aderlass bedeuten. Denn ohne gerichtsfesten Vergleichsmechanismus können auch in fünf oder sechs Jahren noch Klagen angestrengt werden. Die damit einhergehende Unsicherheit ist nicht nur Gift für den Aktienkurs, sondern auch für die Weiterentwicklung des Konzerns.

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