Große Assetmanager klopfen an die Tür von Private Credit
Energisches Klopfen an der Tür von Private Credit
Große Assetmanager um Blackrock und State Street drängen ins Alternatives-Geschäft. Damit werden private Anlagen für eine breitere Masse an Investoren zugänglich. Gerade in Phasen hoher Marktvolatilität birgt dies allerdings Herausforderungen.
Von Alex Wehnert, New York
Ein Handschlag rüttelt die Investmentszene durch. Denn der weltgrößte Assetmanager Blackrock hat wohl eine mündliche Vereinbarung zur Übernahme des Private-Credit-Spezialisten HPS Investment Partners geschlossen, beide Seiten wollen laut Insidern wohl nach dem am Donnerstag eingeläuteten verlängerten Thanksgiving-Wochenende die genauen Konditionen des Deals verkünden. Zuletzt strebte der 2007 vom ehemaligen Goldman-Sachs-Banker Scott Kapnick gegründete New Yorker Kreditfonds noch einen Börsengang an, bei dem er angeblich auf eine Bewertung von 10 Mrd. Dollar kommen wollte – beim nun bevorstehenden Verkauf wird demgegenüber wohl eine Prämie fällig. So soll der Preis für HPS näher an der Marke von 12 Mrd. Dollar liegen.
Mit dem Deal, über den zuerst die „Financial Times“ berichtet hatte, treibt Blackrock ihre Expansion im Alternatives-Geschäft mit Nachdruck voran. Der Branchenriese, der auf 11,5 Bill. Dollar an Assets under Management kommt, hat im Zuge seiner jüngsten Shoppingtour bereits die Übernahme von Global Infrastructure Partners (GIP) für 12,5 Mrd. Dollar unter Dach und Fach gebracht und sich im Juli auf eine 2,55 Mrd. Dollar schwere Akquisition des Private-Markets-Datenanbieters Preqin verständigt. Zudem laufen wohl Gespräche über eine Minderheitsbeteiligung an Millennium Management, der 69,5 Mrd. Dollar schweren Multi-Strategie-Hedgefonds-Firma des US-Milliardärs Izzy Englander.
Speerspitze eines Trends
Blackrock, deren verwaltete Mittel im Alternatives-Segment sich nach Abschluss der GIP-Übernahme nun auf 450 Mrd. Dollar summieren, bildet dabei nur die Speerspitze eines Trends, in dessen Zuge sich führende Assetmanager über Private-Markets-Angebote breiter aufzustellen und neue Renditechancen zu erschließen suchen. Die britisch-amerikanische Janus Henderson sicherte sich im August eine Beteiligung von 55% an der Chicagoer Boutique Victory Park, die rund 6 Mrd. Dollar kontrolliert.
„Kunden wollen ihr Private-Credit-Exposure zunehmend über simples Direct Lending hinaus diversifizieren“, sagte Janus-Henderson-Vorstandschef Ali Dibadj anlässlich des Deals. Dabei seien Asset-besicherte Finanzierungen, über Jahrzehnte vornehmlich im klassischen Bankgeschäft und öffentlichen Kapitalmarkt angesiedelt, als „signifikante Gelegenheit“ hervorgetreten. Mit Victory Park habe der Londoner Vermögensverwalter nun eine Firma übernommen, deren Private-Credit-Lösungen auf die Anforderungen von Versicherern zugeschnitten seien und die damit perfekt in den Trend zum Asset-Backed Lending passe.
Strategischer Deal mit Kuwait
Neben dem Deal mit der Chicagoer Boutique hat Janus Henderson im September zudem die Akquisition von NBK Capital Partners, dem Alternatives-Arm der National Bank of Kuwait, abgeschlossen. Die Liste der großen Vermögensverwaltungsadressen, die sich im Alternatives-Geschäft neue Chancen erschließen wollen, lässt sich auch mit Namen wie der französischen Amundi, die im laufenden Jahr bei der in Zürich ansässigen Alpha Associates zugeschlagen hat, lange fortsetzen. Allein zwischen 2021 und 2023 haben laut der Unternehmensberatung Oliver Wyman 26 klassische Assetmanager Private-Credit-Firmen aufgebaut oder neue Einheiten lanciert.
„Private Credit ist in den vergangenen zehn bis 15 Jahren enorm gewachsen, befindet sich aber noch immer im Aufschwung“, sagt Bill Sacher, Partner bei der Chicagoer Private-Markets-Firma Adams Street, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Die starken Wachstumsaussichten ziehen auch weiterhin Interesse großer Assetmanager an spezialisierten Private-Credit-Adressen an.“ Das Niedrigzinsumfeld nach der Finanzkrise 2008 habe den Siegeszug der Anlageklasse begünstigt, da an den Märkten mehr Liquidität zur Verfügung gestanden habe. Nun, da die Federal Reserve ihre Geldpolitik nach Jahren erhöhter Renditen an den Kreditmärkten wieder schrittweise lockere, sei Private Credit relativ zu anderen Strategien wieder besonders attraktiv.
Privatinvestoren treiben Nachfrage
Ein Treiber des Trends ist laut der Beratungsgesellschaft PwC die starke Nachfrage durch vermögende Privatinvestoren. „Gerade für Retail-Anleger wirken starke Markennamen anziehend“, betont Sacher mit Blick auf den Wettbewerb zwischen Private-Markets-Anbietern. Dass große und bekannte Vermögensverwalter ins Segment stürmten, begünstige das Wachstum also noch.
Es sei damit zu rechnen, dass auch diese Adressen zunehmend sogenannte „Business Development Companies“ (BDCs) lancierten, also gesonderte Unternehmenseinheiten mit niedrigen steuerlichen Verpflichtungen, die wiederum private Assets halten können. Große Häuser wie Blackstone und Ares bieten sowohl einzelne BDCs als auch börsennotierte Fonds an, die mehrere BDCs enthalten. Der US-Markt für diese Vehikel ist laut dem Datenanbieter LSEG auf mehr als 315 Mrd. Dollar angewachsen. Als weitere Möglichkeit, sonst schwierig zugängliche Strategien an Privatanleger und Investmentberater zu vermitteln, hebt Sacher sogenannte Interval Funds hervor, die Strukturen offener und geschlossener Fonds kombinieren.
Vermehrte Kooperationen
Wer nicht direkt im Geschäft aktiv wird, versucht sich an Kooperationen. So verbinden Adressen wie State Street private Kapitalanlagen mit einem anderen Wachstumsfeld: börsengehandelte Fonds. Im Oktober hat der Finanzdienstleister aus Boston bei der US-Börsenaufsicht SEC einen Antrag für einen Exchange-Traded Fund gestellt, über den er Investoren in Kooperation mit dem Investmenthaus Apollo Global einen breiteren Zugang zu Private Markets anbieten will.
Technische Hürden
Das ist mit technischen Herausforderungen verbunden: Während ETFs in hoher Frequenz an Börsen gehandelt werden, sind die zugrunde liegenden Assets in diesem Fall illiquide – eine Diskrepanz, die gerade in Zeiten starker Marktvolatilität zu Problemen führen kann. Apollo Global will nach eigenen Angaben „verbindliche Intraday-Geldkurse“ für die Fondsholdings stellen und damit für den Fall vorsorgen, dass ein schneller Verkauf von Assets nötig wird. Dieser Backstop erlaubt es den Anbietern, die im ETF gehaltenen Anlagen als liquide zu behandeln und damit eine von der SEC gesetzte Schwelle von 15% für illiquide Investments in solchen Vehikeln zu umgehen.
Für State Street bleibt das Apollo-Projekt nicht der einzige Ausflug in die Welt der Alternatives. Wie Mitte November angekündigt will das Bostoner Haus einen „Allwetter-ETF“ lancieren, der eine der populärsten Strategien von Bridgewater Associates, einem der weltgrößten Hedgefonds, nachbilden soll. Im Rahmen der sogenannten „Risk Parity“-Methode nutzt die 1975 von Starinvestor Ray Dalio gegründete Firma hohes Leverage, um Assets entsprechend ihrer erwarteten Volatilität zu gewichten.
Bridgewater soll die Kooperation die Chance bieten, sich nach einer stürmischen Phase um den Abgang Dalios 2022 wieder zu stabilisieren. Die verwalteten Mittel des Hedgefonds sollen sich Ende August auf 100 Mrd. Dollar belaufen und damit weit unter dem Allzeithoch von 160 Mrd. Dollar gelegen haben, die Flaggschiffstrategie „Pure Alpha“ hat einige Jahre mit herben Verlusten hinter sich. Co-Investmentchefin Karen Karniol-Tambour zeigte sich zuletzt „begeistert, den Zugang zu unseren Methoden zu verbreitern“. Andere Assetmanager beeilen sich nun, es State Street nachzutun und ETF-Kooperationen mit Alternatives-Spezialisten zu lancieren. Das Klopfen an die Tür der Private Markets gewinnt an Nachdruck.