Grüne Assetmanager spüren Gegenwind
Grüne Assetmanager spüren Gegenwind
ESG-Spezialisten in der Vermögensverwaltung wie GLS, Ökoworld und Triodos kämpfen wie alle mit Regulierung. Sie wuchern dagegen mit dem Pfund der Erfahrung und sind zum Teil schon seit 50 Jahren in der grünen Nische tätig.
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Bei Nachhaltigkeit spüren Investoren zunehmend Druck von politischer Seite, insbesondere in den USA. In Europa gibt es das Phänomen noch seltener, doch immer häufiger ist eine Müdigkeit bei ESG und der zugehörigen Regulierung zu spüren. Dabei hat Sustainable Finance seit Jahren einen enormen Aufwind erfahren, ist aus der grünen Ecke herausgekommen und mittlerweile unbestritten Mainstream.
In der Nische verhaftet
Die Player von einst, die als Erste das Thema angefasst haben, gibt es immer noch. Doch so richtig aus der Nische sind die fokussierten ESG-Assetmanager und grünen Fondboutiquen nicht herausgekommen. Die Masse des grünen Fondsgeschäfts läuft über die großen Anlagegesellschaften. „Das Thema ESG ist weniger en vogue, als es einmal war. Viele ESG-Anbieter kämpfen mit Gegenwind und haben aktuell Probleme mit der Performance“, stellt André Härtel, Leiter Fonds-Selektion bei der Analyse- und Ratingfirma Scope, fest. Die jüngsten Renditenachteile würden unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass in den breiten Indizes etwa Rüstungsaktien vertreten seien.
Wenige reine ESG-Spezialisten
Scope hat rund ein Dutzend Anbieter in Deutschland identifiziert, die sich ausschließlich auf ESG spezialisieren. Es sind einige mittelgroße Häuser, die ein Vermögen im einstelligen Milliardenbereich verwalten, und etliche kleinere Nischenplayer. Zu den alteingesessenen grünen Adressen zählt Ökoworld. Das Haus verwaltete Ende 2023 ein Fondsvermögen von 3 Mrd. Euro und wurde schon 1975 gegründet. Das Unternehmen hieß bis 2013 Versiko. Bekannt ist das Haus für den Fonds Ökovision Classic, der als Pionier im Bereich ethisch-ökologischer Fonds gelten darf.
Die GLS Bank gründete vor drei Jahren die GLS Investment Management und kommt auf 1,7 Mrd. Euro. „Wir sind stolz darauf, Qualitätsführerin im Bereich nachhaltiger Publikumsfonds zu sein“, sagt der Bochumer Anbieter von sich.
Nachhaltigkeit nicht gepachtet
Nachhaltigkeit und ESG haben die Spezialanbieter nicht gepachtet. Doch es gibt Unterschiede zu Häusern wie Blackrock, DWS oder Amundi. „Für die ESG-Spezialisten spricht die lange Erfahrung. Sie sind oft schon seit Jahrzehnten mit dem Thema Nachhaltigkeit unterwegs und daher besonders glaubwürdig“, sagt Härtel. Hinzu komme, dass sie eigene Bewertungsansätze entwickelt hätten und nicht blind ESG-Ratings von großen Agenturen vertrauen würden.
Dass die reinen ESG-Manager das ähnlich sehen, wundert nicht. Sie unterscheiden sich aber in der Darstellung. „Ökoworld spielt in Sachen Nachhaltigkeit weltweit in der ersten Liga“, heißt es selbstbewusst. Man verweist auf die langjährige Erfahrung von fast 50 Jahren. „Wir haben in dieser Zeit ein hochprofessionelles und unabhängiges Nachhaltigkeitsresearch aufgebaut.“ Zudem sei man unabhängig von Banken und anderen Finanzinvestoren.
GLS Investment Management beziehungsweise die GLS Bank beschwören ihre Haltung: „Wir wollen Lebensgrundlagen bewahren und weiterentwickeln, um sozial gerecht im Einklang mit der Umwelt leben zu können – und das seit 50 Jahren.“ Anspruch von GLS sei es, nicht einem Trend gerecht zu werden, sondern Geld dort einzusetzen, wo es unter sozial-ökologischen Gesichtspunkten benötigt werde.
Einer der Größeren in der grünen Nische ist EB-Sustainable Investment Management (EB-Sim), eine Tochter der Evangelischen Bank. Geschäftsführer Michael Hepers betont den kirchlichen Hintergrund und ein klares Wertefundament. „Unser Claim lautet: Investments für eine bessere Welt“, sagt Hepers. Dieser unterscheide die EB-Sim von vielen Wettbewerbern, die ESG-Produkte nur zusätzlich zum bestehenden Sortiment anböten. „Nachhaltiges Investieren ist für uns kein Zeitgeist-Phänomen, dem wir aus Marketinggründen folgen“, so Hepers.
Erfahrungsschatz als Pfund
Der EB-Sim-Manager geht sogar so weit zu sagen, dass sein Haus besser aufgestellt sei als viele größere Adressen. „So verfügen wir als Pionier auf diesem Gebiet über einen wesentlich größeren Erfahrungsschatz als viele andere Häuser.“
Als internationaler Anbieter mit Deutschland als wichtigem Markt ist die niederländische Triodos Bank am Start. 5,7 Mrd. Euro verwaltet die Triodos Investment Management insgesamt und sieht sich als Impact-Investor. „Wir sehen Impact Investing als treibende Kraft im Übergang zu einer inklusiveren und nachhaltigeren Welt“, sagt Karim Chatti, zuständig für das deutsche Geschäft.
Triodos versucht sich dabei von anderen grünen Mitbewerbern abzugrenzen. „Wichtig ist hier erstmal, den Unterschied zwischen ESG- und Impact-Häusern festzustellen.“ Während ESG-Investoren sich vor allem mit Risikominimierung beschäftigen würden, blickten Impact-Investoren in die Zukunft und versuchten aktiv, durch ihre Investments „eine positive und vor allem aktive Veränderung herbeizuführen und zu beschleunigen“.
Egal, ob ein paar Millionen oder eine einstellige Milliardensumme – die grünen Spezialisten sind im Vergleich zu den großen Assetmanagern der Branche sehr klein. Gleichzeitig ist der Aufwand im Bereich Nachhaltigkeit groß.
„Wir lassen uns nicht reinreden“
Aus Sicht von Ökoworld sei das kein Problem, ganz im Gegenteil. „Wir stecken mehr Ressourcen als die großen Anbieter in die Prüfungen.“ Das Haus hebt zudem hervor, dass letztlich die Bewertungen und Entscheidungen immer bei der Firma blieben. „Da lassen wir uns nicht reinreden. Wir wollen echte und materielle Nachhaltigkeit und keine bloßen Transparenzanforderungen erfüllen, die eh keiner versteht.“
„Wir sehen nur, dass die aktuelle Regulierung zu kompliziert geworden ist und viele Anlageberater, Privatkunden und kleinere Vermögensverwalter diese nicht mehr im Detail verstehen“, sagt Christoph Klein, Managing Partner der Boutique ESG Portfolio Management in Frankfurt. Das führe leider oft dazu, dass in der Beratung bei der Präferenzabfrage „Nein – ich möchte keine nachhaltige Geldanlage“ angekreuzt werde. „Damit wurde der Effekt des Wärmepumpen-Gesetzes wiederholt: Es wird das Gegenteil vom gewünschten Ziel erreicht“, sagt Klein.
„Sinnlose Arbeit“
Bei Ökoworld hält man die Regulierungsanforderungen für extrem umfangreich. „Es ist alles machbar, aber kostet natürlich wertvolle Ressourcen, die woanders besser verwendet werden könnten.“ Vieles habe mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. „Wir machen also zum großen Teil auch doppelte oder sinnlose Arbeit.“
Moderater, aber immer noch kritisch äußern sich die Experten der GLS zur Regulierung („nicht immer zielführend“). Bei Triodos begrüßt man grundsätzlich die konsequente Regulierung von nachhaltigen Investmentangeboten. „Allerdings befürworten wir nicht, dass die Vorgaben derzeit nur für Investmentprodukte gelten, die mit Begriffen wie ‚nachhaltig‘, ‚grün‘ oder ‚Impact‘ werben. Anbieter von nicht-nachhaltigen Produkten müssen nicht offenlegen, welche Schäden sie anrichten“, sagt Chatti.
Die Masse macht es
Der Druck des Marktes in Sachen ESG setzt mithin auch den Nachhaltigkeitsspezialisten zu. In einer Phase, in der viele der ESG-Player Probleme haben, große Volumen zu akquirieren, meint Scope-Analyst Härtel. „Es reicht nicht aus, Gutes zu tun und darüber zu reden. Man braucht auch die Kapazitäten im Vertrieb.“ Und erst ab einem bestimmten Volumen würden die Produkte der grünen Player für Fondsselektoren interessant.