Noch in Feierlaune
Assekuranz
Noch in Feierlaune
Von Stefan Kroneck
Großversicherer profitieren von hohen Marktzinsen. Die Party ist beendet, wenn die Leitzinsen deutlich sinken.
Großversicherer bilden derzeit ein Kontrastbild zu vielen anderen Schlüsselbranchen wie etwa der Autoindustrie. Während große Teile der Wirtschaft Westeuropas mit einer Flaute zu kämpfen haben, befinden sich Adressen wie Allianz, Munich Re und Zurich Versicherung in einer Hochkonjunktur. Das zeigen die am Donnerstag vorgelegten Halbjahreszahlen des Trios eindrucksvoll. Deren Zwischenbilanzen zum 30. Juni belegen, dass in allgemein schwierigen Zeiten wie diesen manche Häuser von ihren Größenvorteilen profitieren. Dadurch sind sie in der Lage, höhere Schäden aus Naturkatastrophen mit beachtlichen Fortschritten im operativen Kerngeschäft mehr als auszugleichen.
Anlageergebnisse steigen kräftig
Den Versicherern helfen auch Kapitalanlageergebnisse, die dank gestiegener Kapitalmarktzinsen durch die Decke gehen nach dem Ende eines jahrelangen Zinstiefs. Zusätzlichen Rückenwind bekommen die Gesellschaften von einem Schub bei den Preisen für Großschadendeckungen. Im Fachjargon nennt man das einen „harten Markt“. Den Eigentümern, den Aktionären der börsennotierten Publikumsgesellschaften winken steigende Dividenden für 2024, während die Nachfrage andernorts, insbesondere in konsumgüterorientierten Wirtschaftszweigen aufgrund der höheren Zinsen schwächelt. Ein kreditfinanzierter Kauf langlebiger Waren ist teurer geworden.
Uneinheitliches Bild
Doch das Bild in der Assekuranz ist uneinheitlich, wie die jüngsten Gewinnwarnungen des französischen Munich-Re-Wettbewerbers Scor und des Erstversicherers Nürnberger Gruppe verdeutlichen. Die Unwetterschäden in Süddeutschland vom Frühjahr schlagen beim relativ kleinen fränkischen Anbieter ins Kontor. Scor kämpft mit Problemen in der Kranken- und Lebensversicherungssparte.
Die Kardinalfrage für die Anleger ist, wie lange die Party bei den drei oben genannten Unternehmen noch geht. In Bezug auf das Preisniveau für Deckungen gegen Naturkatastrophenschäden zeigt sich allmählich eine Bodenbildung auf hohem Niveau. Das ist schlecht für die Rückversicherer, aber gut für deren Hauptkunden, die Erstversicherer und Großkonzerne aus der Industrie. Das wirkt inflationsdämpfend.
Zinspolitik entscheidend
Entscheidend ist aber die Geld- bzw. Zinspolitik der führenden Notenbanken. Beschleunigen Fed und EZB die Reduktion ihrer Leitzinsen, um der Wirtschaft neue Impulse zu geben, dürfte der gute Konjunkturzyklus der Großversicherer zu Ende gehen. Denn sinkende Marktzinsen schmälern tendenziell die Gewinne der Blue Chips in der Versicherungsbranche.