Holprige IPO-Anfahrt
Während man in Deutschland angesichts des drohenden Gasstopps Russlands eine Rezession befürchtet, herrscht im Volkswagen-Reich nach wie vor rege Betriebsamkeit hinsichtlich des geplanten Börsengangs der Porsche AG. Doch den Granden in Wolfsburg und Stuttgart dürfte eigentlich längst klar sein, dass die Wahrscheinlichkeit eines geplanten Comebacks des Sportwagenbauers auf dem Handelsparkett im Herbst gegen null tendiert, je länger der Ukraine-Krieg dauert.
Dennoch signalisierten Porsche-CEO Oliver Blume und Porsche-CFO Lutz Meschke auf dem Kapitalmarkttag der Edelmarke ihre Entschlossenheit, auf ein Initial Public Offering (IPO) hinzuarbeiten. Die Entscheidung darüber, ob dieses Projekt in die Realität umgesetzt werden kann, wird aber nicht in den obersten Etagen von VW und an der Spitze der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch getroffen, sondern hängt davon ab, wie lange die Unsicherheit in Europa anhält. Der brutale Angriffskrieg der Machtclique im Kreml gegen die Ukraine führt auch Wolfgang Porsche vor Augen, dass er das Heft des Handelns nicht mehr in seinen Händen hält.
Monate zuvor schenkte bereits Johannes Lattwein, CFO der Porsche SE, den Investoren reinen Wein ein, als er zur Bilanzvorlage der Porsche-Beteiligungsholding im März auch in seiner Rolle als Vertreter des größten VW-Einzelaktionärs darauf hinwies, dass der Krieg ein erhebliches Risiko für das IPO darstelle.
Für Wolfgang Porsche rückt der Traum in weite Ferne, noch in diesem Jahr sein „Lebenswerk“ zu vollenden, nämlich die Rückkehr der Porsche AG an die Börse. Das IPO ist eben nicht nur ein Werk gewiefter Finanzjongleure, um die an dem Plan beteiligten Unternehmen mit Milliardenbeträgen in eine Win-win-Position zu versetzen, sondern es hat auch viel mit Emotionen zu tun. Nach der Niederlage im Machtkampf gegen VW und seinen 2019 verstorbenen Cousin Ferdinand Piëch vor 13 Jahren brächte dem Chefaufseher der Porsche AG und Porsche SE ein erfolgreiches IPO auch persönliche Genugtuung. Zudem würde dies einer jüngeren Generation in dem weit verzweigten Clan den Platz an die Spitze ebnen. Wolfgang Porsche wird im Januar 80 Jahre alt.
2009 war Porsche mit CEO Wendelin Wiedeking beim Versuch, als „David“ den „Goliath“ VW zu schlucken, zu Fall gekommen. Die Rückkehr an die Börse versprach unkomplizierter zu werden. Die ungünstigen Zeitenwenden sowohl in der Geld- als auch in der Realpolitik machen die Anfahrt an die Börse nun aber doch zu einer holprigen Angelegenheit.