KommentarEuro-Inflation

Warnung an die EZB

Die Inflation sinkt nach dem Anstieg im Mai wieder. Doch die hohe Teuerung bei Dienstleistungen sollte Unbehagen bei der Notenbank auslösen.

Warnung an die EZB

Warnung an die EZB

Von Martin Pirkl

Die Inflation nähert sich im Juni wieder dem Zielwert der EZB an. Doch nur auf den ersten Blick sind die neuen Daten gute Nachrichten für die Notenbank. Die Stagnation der Kernrate und vor allem die weiterhin sehr hohe Inflation bei Dienstleistungen zeigen, dass eine nachhaltige Inflationsrate von 2% weiter entfernt ist, als es wirkt. Solange sich die Teuerung bei Dienstleistern über 4% festsetzt, wird sich die Inflation zwischen 2 und 3% einpendeln. Die Monatsrate bei der Service-Teuerung von hohen 0,6% verdeutlicht, dass der Preisdruck in diesem Bereich weiter nicht nachlässt.

Die EZB erhofft und erwartet einen Rückgang beim Lohnwachstum im zweiten Halbjahr. Dies würde die Inflation bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen entschleunigen. Dass diese Prognose aber tatsächlich eintrifft, ist noch längst nicht gesagt. Die Macht der Arbeitnehmer und Gewerkschaften ist durch den demografischen Wandel zuletzt gestiegen. Der Wunsch, die hohen Reallohnverluste der vergangenen Jahre mindestens auszugleichen, ist ausgeprägt.

Zugrundeliegender Preisdruck stimmt nachdenklich

Aufgrund von statistischen Basiseffekten dürfte die Inflation in den kommenden Monaten sinken und könnte sogar auf den Zielwert der Europäischen Zentralbank von 2% fallen. Wichtiger für die Steuerung der Geldpolitik ist aber der zugrundeliegende Preisdruck, der die Inflationsentwicklung mittelfristig stark beeinflusst. Sowie die Projektionen der Notenbank, die zuletzt im Juni jedoch in die falsche Richtung gegangen sind.

Für die EZB muss beim Betrachten der aktuellen Inflationsdaten klar sein, dass sie mit Zinssenkungen sehr vorsichtig umgehen muss. Auf keinen Fall darf sie zu stark lockern, bevor klar ist, dass die Inflation nachhaltig auf 2% fallen wird. Die Juni-Daten sind nicht dafür geeignet, diese Zuversicht zu stärken. Eine Zinssenkung im September, um den Restriktionsgrad der Geldpolitik zu verringern, liegt weiter im Bereich des Möglichen. Ob, wie von den Finanzmärkten erwartet, im Dezember eine weitere Zinssenkung folgen wird, ist jedoch nun ein wenig fraglicher geworden.

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