Internationale Anorak Ausstellung
Notiert in Frankfurt
Internationale Anorak Ausstellung
Von Lutz Knappmann
In meteorologisch wie weltpolitisch kalten und düsteren Zeiten wärmt es die Seele, in Erinnerungen an unbeschwerte Studienjahre im fernen München zu schwelgen. Erinnerungen an Sommer im Englischen Garten, Partys in Studentenbudenküchen und an ganz viel Musik. Zum Beispiel in jenem Club in der Münchner Innenstadt, der rasch zur regelmäßigen Samstagabend-Anlaufstelle avancierte: tolle Musik, nette Leute, gute Drinks.
Etwas getrübt wurde die ausgelassene Stimmung freilich durch die Sorge, ob sich am Ende der Nacht die mitgebrachte Jacke wiederfinden lassen würde. Schließlich bestand die „Garderobe“ des Clubs aus einem riesigen, unsortierten und den Abend über rasant wachsenden Berg von Jacken und Mänteln. Und das unvermeidliche Chaos bei der Bergung der persönlichen Kleidungsstücke war geeignet, die Gäste für den Heimweg schlagartig auszunüchtern. Kann man so machen, wird halt nicht gut.
Zeitsprung in die Gegenwart, in der immer noch ganz viel Musik ist, und in der die Erkenntnis reift, dass früher eben doch nicht alles besser war: Am vergangenen Montag haben „Deichkind“ zum Konzert nach Frankfurt geladen. Rund 15.000 Fans strömen in die ausverkaufte Festhalle und erleben ein musikalisches und künstlerisches Remmi Demmi der Extraklasse. Das angesichts winterlicher Außentemperaturen und daraus resultierender Mantelmassen zu befürchtende Spektakel an der Garderobe aber bleibt aus. Denn die Veranstalter machen sich den Standortvorteil der Festhalle zunutze: die Messe.
Kurzerhand erklären sie eine der angrenzenden Hallen komplett zur XXL-Garderobe und leiten die Besucher über die zweispurige Rolltreppe direkt zu mehr als einem Dutzend klar zugeordneter Garderobenreihen. Die, bitte verzeihen Sie diesen Kalauer, Internationale Anorak Ausstellung, am selben Ort, an dem einstmals internationale Automobile ausgestellt wurden. Bevor jenes Event nach – ausgerechnet – München abwanderte.
Wer so viel Platz hat, wie die Frankfurter Messe, ist beim Jacken verstauen klar im Vorteil. Und so erweist sich die riesige Garderoben-Halle nach dem Ende des Konzerts als bemerkenswert effiziente Lösung, viele Tausend müde getanzter Deichkind-Fans mit ihrer Winterbekleidung wiederzuvereinigen. Keine ausufernden Wartezeiten, kein forsches Drängeln, keine bangen Blicke, wo denn die eigene Jacke überhaupt hängt. Stattdessen: fröhliche Feierlaune bis zuletzt.
Kein Zweifel, dass die Veranstalter das nicht zum ersten Mal so handhaben. Aber es sind ja auch genau solche pragmatischen Lösungen, solche klugen organisatorischen Ideen, die ein spektakuläres Musikevent zu einem unbeschwerten Erlebnis machen. Das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten machen, auch wenn die Lösung ungewöhnlich wirkt. So einfach kann es sein, Menschen den Alltag ein kleines bisschen einfacher zu machen. Oder um es mit Deichkind zu sagen: Leider geil!