KommentarZusammenschluss bei Versicherern

Gothaer und Barmenia als Blaupause

Der Zusammenschluss von Gothaer und Barmenia könnte ein Erfolg werden und zum Vorbild für eine ganze Gruppe von Versicherern werden.

Gothaer und Barmenia als Blaupause

Versichererfusion

Geeignete Blaupause

Von Antje Kullrich

Gothaer-Chef Oliver Schoeller gab sich beim traditionellen Pressegespräch seines Hauses zum Jahresende bestens gelaunt. Seine zentrale Botschaft lautete: Der geplante Zusammenschluss mit dem Wettbewerber Barmenia ist auf gutem Weg und macht absolut Sinn. Mit Letzterem könnte er Recht haben: Die strategischen Argumente für die Fusion überzeugen. Die Stärken beider Unternehmen sind komplementär. Die größere Gothaer, aktuell Rang 14 im deutschen Versicherungsmarkt, ist ein auf Firmenkunden spezialisierter Schadenversicherer, der seine guten Verbindungen in den Mittelstand auch für Geschäftsfelder wie betriebliche Altersvorsorge und Krankenversicherung zu nutzen weiß. Die Barmenia hingegen, auf Platz 21 in der Branche, wendet sich mit ihren Produkten vor allem an Privatkunden und macht fast 80% ihres Geschäfts in der Krankenversicherung. Zusammen werden die beiden traditionsreichen Unternehmen mit ihrem genossenschaftlichen Hintergrund auf Platz 10 im Markt vorstoßen.

Auch die Bedeutung der regionalen Nähe ist nicht zu unterschätzen. Die Konzernzentralen in Köln (Gothaer) und Wuppertal (Barmenia) befinden sich nur etwa eine Autostunde auseinander. Da es sich zudem explizit nicht um einen Zusammenschluss handelt, der als eines der Primärziele auf Kostensenkungen abstellt, dürfte sich die Unruhe in den Belegschaften in Grenzen halten. Tendenziell werde sogar Personal aufgebaut, verkündete Gothaer-Chef Schoeller.

Die Fusion der beiden Versicherungsvereine ist geeignet, eine Blaupause für das Gegenseitigkeitslager zu werden. Denn unter den vielen deutschen Versicherern mit nur ein paar hundert Millionen Euro Beitragseinnahmen befinden sich mehrheitlich genossenschaftlich organisierte VVaG. Die haben in den kommenden Jahren trotz abgespeckter regulatorischer Anforderungen an kleine Versicherungsunternehmen dennoch einen Kraftakt vor sich. Denn in Digitalisierung und Cybersicherheit müssen sie genauso investieren wie in Unternehmensführung nach ESG-Kriterien. Das schürt den Druck, Kräfte zu bündeln.

Ein Knackpunkt allerdings bleibt: Die Zusammenlegung der IT könnte die Achillesferse der Wunsch-Ehe von Gothaer und Barmenia sein. Schon für das eigene Haus kämpfen viele Häuser mit den dringend notwendigen Modernisierungen ihrer Systeme. Kommt dann noch eine Integration dazu, besteht die Gefahr der Überforderung. Sollten Gothaer und Barmenia diese Aufgabe meistern, könnten sie tatsächlich zum Vorbild für weitere Konzentration werden.

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