LeitartikelBritischer Wahlkampf

Labour ist dasselbe in Grün

Labour unter Keir Starmer ist von den Tories fast nicht mehr zu unterscheiden. In der Londoner City kommt das gut an.

Labour ist dasselbe in Grün

Britischer Wahlkampf

Dasselbe in Grün

Von Andreas Hippin

Labour hat sich unter Keir Starmer stark verändert. Die Partei ist von den Tories fast nicht mehr zu unterscheiden.

Ein Wahlsieg von Labour hat für die City jeden Schrecken verloren. Die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und andere linke Ideen, die unter der Führung von Jeremy Corbyn Hochkonjunktur hatten, wurden von seinem Nachfolger Keir Starmer längst getilgt. Stattdessen gibt man sich wirtschaftsfreundlich. Die Finanzpolitikerin Tulip Siddiq forderte jüngst die Finanzaufsicht auf, Hürden für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit einzureißen. Im Falle eines Wahlsieges würde sie City-Ministerin.

Rachel Reeves, die für das Amt der Schatzkanzlerin vorgesehen ist, will die Fiskalpolitik in ein noch engeres Korsett zwängen als die Tories. Für sie hat Stabilität Vorrang. Damit liegt sie ganz auf der Linie der Ministerialbürokratie. Die unabhängigen Haushaltshüter vom Office for Budget Responsibility (OBR) sollen noch mehr mitreden dürfen. Dabei hatte der Tory-Schatzkanzler George Osborne das OBR einst ins Leben gerufen, um einer möglichen Labour-Regierung das Schuldenmachen zu erschweren.

Stabilität statt Neuanfang

Labour steht nicht für einen Neuanfang, sondern für Kontinuität. In der City kommt das gut an. Reeves und Siddiq sind gefragte Gesprächspartnerinnen. Vier der sechs Punkte, die Starmer im Falle eines Regierungswechsels als Erstes in Angriff nehmen will, könnten auch im Wahlprogramm der Tories stehen.

Eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte, wie sie von der Parteilinken und den Gewerkschaften gefordert wird, gehört nicht zu seinen Kernthemen. Dabei hätte der Staat über sein enormes Beschaffungsvolumen die Möglichkeit, Aufträge mit entsprechenden Bedingungen zu verknüpfen. Zudem könnte der Beamtenapparat mehr selbst erledigen, statt auf die immergleichen Outsourcing-Dienstleister zu setzen.

Law & Order

Stattdessen verspricht Starmer strengste Haushaltsdisziplin, mehr Polizei und sichere Außengrenzen. Die Partei hat sich einen grünen Anstrich verpasst, doch das 28 Mrd. Pfund schwere Investitionsprogramm, mit dem die Partei dem Vereinigten Königreich „grünen“ Wohlstand bringen wollte, gilt als nicht finanzierbar.

Die sonstigen Bemühungen der Partei in Sachen Klimaschutz werden sich in steigenden Energierechnungen widerspiegeln. Der Aufbau eines staatseigenen Versorgers, um das Land mit „sauberer“ Energie zu beliefern, würde sich bei den Tories nicht unter den Wahlversprechen finden. Denn er ist ein wirtschaftlich hoffnungsloses Zuschussprojekt, dem die heimische Öl- und Gasförderung geopfert werden soll. Zudem dürfte ein Umbau der Stromversorgung im angestrebten Tempo zu Blackouts führen.

Bildung wird besteuert

Mit der Forderung, 6.500 neue Lehrer einzustellen, könnte sich wohl jeder anfreunden. Nur würde man zur Finanzierung wohl nicht darauf zurückgreifen, die Gebühren von Privatschulen mit 20% Mehrwertsteuer zu belegen. Es ist nicht nur selten dumm, Bildung zu besteuern. Es dürfte auch nicht viel Geld einspielen. Wohlhabendere Eltern werden auf die öffentlichen Gymnasien ausweichen oder den Nachwuchs auf ein Schweizer Internat schicken.

Labour bedient damit den Tribalismus der ehemaligen Kernwählerschaft. Mehr hat man den Menschen in den ehemaligen Hochburgen der Partei nicht zu bieten. Doch sie werden eher der Wahl fernbleiben, als zu Labour zurückzukehren. Sie wissen: Labour ist dasselbe in Grün. Die öffentlichen Kassen sind leer.

Kein Aufschwung in Sicht

Starmer hat weder den jugendlichen Charme eines Tony Blair, noch kann er auf eine schnelle Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hoffen. Trotzdem dürfte er in 10 Downing Street einziehen. Es ist weniger ein Sieg der Opposition als ein Scheitern der Regierung. Je heftiger die Niederlage der Tories, desto größer das Risiko, dass sich Labour in Flügelkämpfen zerreibt. Denn Starmer wird in den kommenden Jahren eine Sparpolitik rechtfertigen müssen, die bei der Parteilinken und den Gewerkschaften nicht gut ankommen dürfte.

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