MTU als Antithese des Niedergangs des Standorts Deutschland
MTU 20 Jahre an Börse
Antithese eines Niedergangs
Von Stefan Kroneck
Der seit 20 Jahren an der Börse notierte Triebwerkbauer MTU ist ein Vorzeigebeispiel des Standorts D.
In Deutschland macht sich Defätismus breit. Grund dafür ist die Schwäche der Wirtschaft. Man fürchtet, dass das Pendeln zwischen Stagnation und Rezession in der größten Volkswirtschaft der EU zu einem Dauerzustand wird. Denn wenn selbst die Eliten des Landes, und dazu zählen vor allem die führenden Politiker in Berlin und die Verantwortlichen in den Großunternehmen und in mittelständischen Firmen, daran zweifeln, dass altbewährte Tugenden ausreichen, um die Konjunktur aus dem gegenwärtigen Tief herauszuführen, ist es tatsächlich um die Wirtschaft der Bundesrepublik schlecht bestellt.
Unternehmerisches und wirtschaftspolitisches Handeln haben sehr viel mit Psychologie zu tun. Selbstzweifel, ständiges Lamentieren und die Suche nach der Schuld an Mängeln und Missständen bei anderen führen dazu, dass Initiativen, die darauf abzielen, das Rad herumzudrehen, ausgebremst werden oder gar nicht erst in Angriff genommen werden. Drei Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl herrscht in Deutschland diesbezüglich ein wahrgenommener Stillstand. Und auch danach müsste fast ein Wunder geschehen, wenn eine neu formierte Regierung die strukturellen Probleme ernsthaft anpackt, statt wie bislang üblich nur an einzelnen Punkten sich abzuarbeiten, um drohende langfristige Wohlstandsverluste abzuwenden.
Gutes Beispiel gegen den Verfall
Dabei finden sich in der Ökonomie genügend gute Beispiele, die als Chance gesehen werden können, wie man aus dem Schlamassel herauskommt. Eines dieser Beispiele ist MTU Aero Engines. Das traditionsreiche Hochtechnologieunternehmen kann als Antithese des vermeintlichen fortschreitenden Niedergangs des Standorts Deutschland herangezogen werden. Das lehrt die wechselvolle Geschichte des Herstellers von Flugzeugtriebwerken mit Hauptsitz in München, welcher 2025 auf eine seit 20 Jahren bestehende Notierung an der Börse zurückblickt. MTU ist ein Lehrstück dafür, wie Firmen sich ständig neuen Situationen anpassen können und müssen, um ihren Fortbestand zu sichern und weiter zu wachsen.
Die Ursprünge von MTU liegen bei BMW. Die 1916 mitten im Ersten Weltkrieg gegründeten Bayerischen Motoren Werke mussten sich im Rahmen des Versailler Vertrags von der ursprünglichen Produktion von Flugzeugmotoren fürs Militär verabschieden und sattelten in der Weimarer Republik auf die Fertigung von Autos und Motorrädern um. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, wurde infolge der Wiederaufrüstung des Deutschen Reichs der Bau von Flugmotoren neu aufgenommen. In der Nachkriegszeit erwarb MAN die Flugzeugtochter von BMW. Mit dem Einstieg von Daimler-Benz 1969 wurde das damalige Gemeinschaftsunternehmen in Motoren- und Turbinen-Union, kurz MTU, umfirmiert. Nach dem Ausstieg von MAN machte Daimler-Benz MTU zu einem Bestandteil der Strategie eines „Integrierten Technologiekonzerns“ unter der Regie des damaligen CEO Edzard Reuter. 2003 fiel MTU an den US-Finanzinvestor KKR, der seine Beteiligung im Juni 2005 an die Börse brachte.
Fester Bestandteil des Industriestandorts
Wer seinerzeit Erstzeichner der Aktie war, hat den Wert seines Investments bis heute mehr als verzehnfacht, sofern er das Papier immer noch im Depot hält. Im gleichen Zeitraum legte der Dax, dem MTU seit 2019 angehört, um mehr als das Fünffache zu. Mit einer Marktkapitalisierung von fast 18 Mrd. Euro zählt MTU zu den etablierten deutschen Blue Chips.
Das sich vollständig im Streubesitz befindende Unternehmen schöpft seine Kraft insbesondere aus einer strukturellen Besonderheit der vom Westen dominierten Triebwerkbranche. MTU operiert in einem Oligopol, in dem Kooperationen der beteiligten Unternehmen untereinander aufgrund des kapitalintensiven Geschäfts und der langen Lebenszyklen der Produkte ein Kernmerkmal des abgeschotteten Marktes sind. In diesem Umfeld kann MTU gut leben. Der Aufschwung im Luftverkehr nach der Corona-Pandemie gibt dem Zulieferer von Airbus und Boeing Rückenwind. An diesem stabilen Geschäftsmodell wird das aufstrebende China, welches eine eigene Luftfahrtindustrie aufbaut, nicht rütteln können.