Na endlich
Siemens Energy arbeitet an einer Komplettübernahme der Tochter Gamesa. Dies ist ein Deal mit Ansage, denn der Schritt war lange erwartet worden. Mit der Ad-hoc-Mitteilung hat Siemens Energy – nachdem Infos über die Vorbereitung der Transaktion durchgesickert waren – bewiesen, dass die Übernahme eine überzeugende Logik hat. Denn es stieg nicht nur der Aktienkurs des Übernahmeziels. Auch der potenzielle Käufer beendet den Börsenhandel mit einem Kursplus von 1% – eine ungewöhnliche Reaktion angesichts der Tatsache, dass die Anleger nach der anfänglichen Bar-Finanzierung eine Kapitalerhöhung von Siemens Energy nicht ausschließen können.
Siemens Energy muss nun bis zum Kapitalmarkttag am kommenden Dienstag Farbe bekennen. Natürlich kann jedes M&A-Projekt auf den letzten Metern scheitern. In diesem Fall allerdings wäre dies Harakiri. Nachdem der Kapitalmarkt das Vertrauen in Gamesa verloren hat, käme die Reputation von Siemens Energy unter die Räder. Außerdem ist Siemens Gamesa im Vergleich zu früheren Bewertungen ein Schnäppchen. Der Aktienkurs ist seit Anfang 2021 bis kurz vor der Ankündigung um fast zwei Drittel gesunken. Energy muss nun zugreifen.
Klar: Die Sache muss sich auch für die Aktionäre von Siemens Energy rechnen. Ganz einfach dürfte dies nicht sein, ohne dass Investmentbanken künftige Synergien über Gebühr hochjazzen. Denn Gamesa hat eine Serie von Gewinnwarnungen hingelegt, die dem Konzern eine unrühmliche Ausnahmeposition in der Firmenlandschaft sichern. Außerdem sind alle Windkraftanlagenhersteller ökonomisch unter Druck. Andererseits liegt hier die Chance von Siemens Energy: Mittels direktem Durchgriff die Integration der ehemaligen Siemens- und Gamesa-Einheiten vollenden und die operativen Prozesse richtig ausrichten. Das ist harte Arbeit, gewiss. Aber es ist kein Teufelswerk. Außerdem ist dieses Vorgehen alternativlos. Langfristig überlebt Siemens Energy nur als Spezialist für erneuerbare Energien.
Die Gretchenfrage ist die mittelfristige Finanzierung nach einem Bar-Kauf. Die Siemens AG wird eine Kapitalerhöhung nicht zeichnen, weil der Minderheitsaktionär seinen Energy-Anteil von 35% reduzieren will. Für das Management von Siemens Energy dürfte es kein Selbstläufer sein, angesichts der Risiken im operativen Geschäft einen Ersatzinvestor zu finden. Der Konzern kann zwar die Finanzierung von rund 4 Mrd. Euro stemmen, engt damit aber den künftigen Spielraum ein. Auf die Lösung darf man gespannt sein.