Brücke oder KrückeBundestagswahl

Die Iden des Friedrich Merz

Taktisch in der Sackgasse: Den politischen Gegner AfD stärken und die möglichen Koalitionspartner Grüne und SPD düpieren – die Strategie von CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz gibt Rätsel auf.

Die Iden des Friedrich Merz

Die Iden
des Friedrich Merz

Von Sebastian Schmid

Manchmal erscheint ein politischer Fehltritt wie eine einzige endlose Fehlerkette. Kanzlerkandidat Friedrich Merz, dessen Partei nach bisherigen Umfragen beste Chancen hat, nach der Wahl als stärkste Kraft in den Bundestag einzuziehen, hat diese Woche jedenfalls eine Entscheidung getroffen, die vor taktischen und strategischen Mängeln nur so strotzte. Nein, es geht nicht nur darum, die AfD mit einem Entschließungsantrag zur Flüchtlingspolitik salonfähig gemacht zu haben. Das ist ein moralisches Argument, das in den vergangenen Tagen in extenso diskutiert und bewertet worden ist – nicht zuletzt von Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Was die Wähler, aber vor allem die Wirtschaft besorgen sollte, ist das taktisch-strategische Unvermögen, das der Schritt offenbart.

Optionen geschreddert

Denn Merz und die Union haben fahrlässig ihre Regierungsoptionen geschreddert. Mit SPD und Grünen wurden die einzigen realistischen Regierungspartner in die peinliche Lage versetzt, eine Koalition mit der CDU/CSU der eigenen Basis praktisch nicht mehr zumuten zu können. Merz kann sich also schon mal auf den Weg nach Canossa machen. In der Asylpolitik hat er sich so weit aus dem Fenster gelehnt, dass ein Rückzieher ausgeschlossen scheint. Bleiben Zugeständnisse bei Wirtschafts-, Klima- und Sozialpolitik. Die Baustellen also, wo die darbende deutsche Wirtschaft den größten Handlungsbedarf sieht. Die von der Union avisierte Begrenzung der Zuwanderung mag vielleicht die Überlastung mancher Kommune mindern. Das in der Gesellschaft wahrgenommene Gewaltproblem wird dadurch nicht gelöst. Stattdessen ist der platte Vorschlag geeignet, die wenigen motivierten Zuwanderer, die hier wirklich gebraucht werden, auch noch zu vergrätzen.

Neuwahlen in Endlosschleife

Wie versucht Merz, seinen politischen Selbstmord noch abzuwenden? Am Freitag warf er Grünen und SPD unversöhnliches Verhalten vor. Man müsse doch nach der Bundestagswahl „gesprächsfähig sein und bleiben“. Das hätte dem Sauerländer früher einfallen können. Nach dieser Woche lautet die Frage nicht mehr, ob Grüne oder SPD mit der Union regieren werden, sondern ob es mit Merz überhaupt zu einer neuen Regierung kommt. Nach dem „Wirtschaftswahlkampf“ winkt kein Aufschwung, sondern Neuwahlen in Endlosschleife.

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