LeitartikelRückversicherer

Piccolo statt Schampus

Die Rückversicherer befinden sich in einem Stimmungshoch an den Märkten. Doch die Party neigt sich dem Ende zu. Das bevorstehende alljährliche Branchentreffen in Monte Carlo gilt als Gradmesser.

Piccolo statt Schampus

Rückversicherer

Piccolo statt Schampus

Von Stefan Kroneck

Die Rückversicherer befinden sich in einem Stimmungshoch an den Märkten. Doch die Party neigt sich dem Ende zu.

Wenn die Rückversicherer dieses Wochenende sich zu ihrem alljährlichen Stelldichein in Monte Carlo einfinden, dürfte unter den Branchenvertretern Hochstimmung herrschen. Die großen Adressen dieser Sparte der Assekuranz erhalten starken Rückenwind. Dank relativ hoher Zinsen an den Kapitalmärkten und eines für sie günstigen Preiszyklus aufgrund einer hohen Nachfrage verdienen die Unternehmen derzeit sehr gut. Stetig steigende Dividenden der Anbieter halten deren Aktionäre bei Laune. Im Fachjargon spricht man von einem „harten“ Markt. Der Branchenprimus Munich Re sowie seine beiden bedeutenden europäischen Wettbewerber Swiss Re und Hannover Rück befinden sich in Champagnerlaune.

Das offiziell als „Rendez-vous“ titulierte Branchentreffen im mondänen Viertel des monegassischen Mini-Stadtstaats Monaco suggeriert nach außen eine Romantik mit schönem Blick aufs Mittelmeer, doch in den Konferenzräumen geht es unter den Teilnehmern knallhart zur Sache. Monte Carlo ist der Auftakt einer langen Verhandlungsrunde für die turnusmäßige Anpassung der Vertragskonditionen mit den Erstversicherern und industriellen Großkunden zum Jahreswechsel. Zu diesem Termin wird der Großteil des Geschäftsvolumens neugestaltet. Deshalb gilt Monte Carlo als Gradmesser für die Rückversicherer.

Nachlassende Preisdynamik

Ihre Verhandlungsposition ist gut. Aufgrund eines vor allem weiterhin hohen Bedarfs an Versicherungsdeckungen gegen verheerende Belastungen durch Naturkatastrophen wie Erdbeben, tropische Wirbelstürme und sonstige Elementarschäden können Munich Re & Co. nach wie vor an der Preisschraube drehen. Doch die Dynamik lässt nach. Das hat vor allem mit der jährlichen Hurrikansaison, die von Anfang Juni bis Ende November geht, zu tun. Sorgte noch vor zwei Jahren der Hurrikan „Ian“, welcher nach seinem „Landfall“ im US-Bundesstaat Florida einen Gesamtschaden von 113 Mrd. Dollar anrichtete, für einen Preisschub mit zweistelligen Raten, dürfte dieses Jahr weniger anfallen, sollte 2024 die Hurrikansaison ebenso glimpflich ausfallen wie 2023. Das wäre in der Preispolitik schlecht für die Rückversicherer, aber gut für deren Hauptkunden, die Erstversicherer und Großkonzerne aus der Industrie.

Bislang ist es in der Nordhälfte des Atlantiks, wo die tropischen Wirbelstürme entstehen, dieses Jahr noch relativ ruhig zugegangen, obwohl die Bedingungen für Hurrikane in der laufenden Saison günstig sind. So ist die Wasseroberflächentemperatur sehr hoch, was viel Energie freisetzt für die Bildung solcher Stürme. Sollten allerdings insbesondere die Monate September und Oktober in der Region unruhig werden und es zu einem folgenschweren „Landfall“ kommen, kann dies die Preisgestaltung beeinflussen. Insofern ist auf diesem Feld in Bezug auf profitables Neugeschäft für die Rückversicherer noch einiges offen.

Zinszügel lockern sich

Als sicher gilt derweil, dass die führenden Notenbanken der Welt ihre Leitzinsen sukzessiv senken werden. Eine nachlassende Konjunktur und eine sich abschwächende Inflation geben der Fed und der EZB Anlass, ihre Zinszügel Schritt für Schritt zu lockern. Das gäbe der Wirtschaft neue Impulse. Für die Assekuranz im Allgemeinen und die großen Rückversicherer im Besonderen bedeutet das, dass die Renditen und die Ergebnisbeiträge aus Kapitalanlagen tendenziell sinken werden.

Das schmälert zwar tendenziell die Gewinne bzw. verlangsamt die Ergebnisdynamik der Blue Chips in der Versicherungsbranche. Dank ihrer umfangreichen Kapitalpolster und eines geschickten Underwriting, also dem Zeichnen von Risiken, verfügen die großen Rückversicherer aber weiterhin über die Fähigkeit, Großschäden aus Naturkatastrophen aufgrund beachtlicher Fortschritte im Kerngeschäft mehr als auszugleichen. Das verdeutlichen die sinkenden Schaden-Kosten-Quoten von Munich Re & Co.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Gewinnparty der Rückversicherer sich allmählich dem Ende zuneigen. Für den Marktführer und seine größten Konkurrenten könnte dann 2025 das Motto in Monte Carlo lauten: Piccolo statt Schampus.

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