Positiver, als es scheint
Euro-Inflation
Positiver, als es scheint
Von Martin Pirkl
Trotz eines Anstiegs der Inflation beinhalten die neuesten Preisdaten auch gute Nachrichten. In Stein gemeißelt ist eine Zinssenkung der EZB im September dennoch nicht.
Auf den ersten Blick wirken die Euro-Inflationszahlen für Juli wie eine reine Enttäuschung. Entgegen den Erwartungen der meisten Ökonomen legt die Teuerung auf 2,6% zu, und der zugrunde liegende Preisdruck gemessen an der Kernrate stagniert. Diejenigen im EZB-Rat, die für eine Zinssenkung im September plädieren, können aus den neusten Preisdaten dennoch auch einiges Positives ziehen.
Zum einen waren es ausnahmsweise mal nicht die Dienstleistungspreise, die für den Anstieg der Inflationsrate gesorgt haben. Stattdessen verstärkten wieder deutlich höhere Energiepreise die Teuerung. Für die Notenbanker ist das ein wesentlicher Unterschied. Denn während die Preisanstiege für Dienstleistungen aufgrund des hohen Lohnwachstums noch längere Zeit hoch bleiben dürften, könnten die Effekte der höheren Energie- und auch Transportkosten wieder schneller auslaufen. Der Anstieg der Juli-Inflation steht demnach nicht zwangsläufig im Widerspruch mit der EZB-Prognose, dass die Teuerung nach einem Zickzack-Kurs in diesem Jahr 2025 nachhaltig auf den Zielwert von 2% fällt.
Scheitern verboten
Die Tauben im EZB-Rat dürften die Preisdaten sogar eher als Bestätigung dieser Annahme sehen. Denn zum einen ist die hohe Dienstleistungsinflation zumindest ein wenig gesunken. Zum anderen zeichnen die Monatsraten der Teuerung ein deutlich günstigeres Bild als der Jahresvergleich. Im Vergleich zum Juni haben die Preise stagniert. Bei der Dienstleistungsinflation schlägt saisonbereinigt ein Anstieg von 0,3% zu Buche. Das ist zwar viel, steht aber im Einklang mit der EZB-Prognose, dass die Kernrate in Zukunft nachlassen wird.
Eine Zinssenkung im September ist dennoch weiterhin keine beschlossene Sache – auch wenn sie wahrscheinlich ist. Nicht nur, weil die Falken im EZB-Rat mit Blick auf die Inflationsdaten zu Recht darauf verweisen können, dass die Teuerung sich weiter als äußerst hartnäckig erweist und der Weg zum Inflationsziel steinig ist.
Eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Geldpolitik werden die Lohndaten spielen, die Ende August und Anfang September erscheinen. Gibt es hier deutlich negative Überraschungen, wird die EZB eine Zinssenkung im September wohl nicht rechtfertigen können. Denn dann gerät die Prognose ins Wanken, wonach das Inflationsziel bis Ende 2025 erreicht wird. Ein Scheitern dessen kann sich die EZB nicht leisten – es würde ihrer Glaubwürdigkeit massiv schaden.