Pragmatismus ohne Wert
Deutschlandfonds
Pragmatismus ohne Wert
Von Andreas Heitker
Auch wenn es vielleicht noch sehr früh erscheint: Aber es ist Wahlkampf in Deutschland. In Berlin überschlagen sich aktuell die politischen Parteien mit neuen Vorschlägen, wie Deutschland aus der Rezession herauskommen und sein Wachstumspotenzial wieder stärken könnte. Die SPD hat in diesem Monat schon ein neues Wirtschaftsprogramm verabschiedet. Der Kanzler hat für nächste Woche zusätzlich zu einem Industriegipfel geladen. Die Liberalen gehen mit ihrer „Wirtschaftswende“ hausieren, und die Union will ohnehin die komplette Kehrtwende. Dass jetzt der Wirtschaftsminister mit einer eigenen „Modernisierungsagenda“ für den Standort nachlegt, um nicht völlig die Deutungshoheit über seine Ressortthemen zu verlieren, ist wenig überraschend.
Die fiskalischen Spielräume für die Ampel sind eng
Inhaltlich bietet das Paket von Robert Habeck kaum Überraschendes und wenig strittige Themen: Energiekosten senken, Bürokratie abbauen, mehr Handelsverträge, Klimaschutz stärken, Arbeitskräfte gewinnen und Innovationen stärken. Darauf können sich alle irgendwie einigen. Kritisch wird es erst, wenn es darum geht, ob der Staat (viel) Geld in die Hand nehmen sollte, um zusätzliche Investitionen anzureizen und etwas gegen die marode Infrastruktur im Lande zu tun. Habeck sagt, seine vorgeschlagene Investitionsprämie könne auch Schuldenbremsen-Hardliner und Steuersenkungsfreunde ansprechen und damit ein pragmatischer Ausweg aus den festgefahrenen Finanzierungsdebatten in Berlin sein. Doch spätestens wenn es zum dahinterliegenden Deutschlandfonds kommt, aus dem sein Modernisierungspaket mit dreistelligen Milliardenbeträgen bezahlt werden soll, ist klar, dass dies ein Pragmatismus ohne Wert ist. Politische Mehrheiten, die einen solchen Fonds ermöglichen, sind weit und breit nicht in Sicht.
Die Steuerschätzung wird am Donnerstag zugleich noch einmal zeigen, wie eng die fiskalischen Spielräume für die Ampel in den nächsten Monaten sind. Mehr als die Umsetzung der Wachstumsinitiative aus dem Sommer sollte daher realistischerweise niemand bis zur nächsten Wahl von der Koalition erwarten.