Preisschock an der Zapfsäule
Seit Jahrzehnten staunen europäische Besucher in den USA über die außerordentlich niedrigen Benzinpreise. So kostete eine Gallone Normalbenzin unmittelbar vor dem Ausbruch der Pandemie 2,33 Dollar, was etwa 0,55 Euro pro Liter entspricht. Der Hauptgrund für die immense Diskrepanz zwischen Spritpreisen in den USA und beispielsweise Deutschland liegt in den Steuersätzen. Die Benzinsteuer auf Bundesebene wird zwar von Abgaben ergänzt, die Bundesstaaten getrennt erheben. Zusammen machen diese aber weniger als 10% des Benzinpreises aus.
Als Folge der hohen Inflation und des Kriegs in der Ukraine haben nun aber Amerikaner mit ihrem eigenen Preisschock zu kämpfen. Vergangene Woche kostete nach Angaben der U.S. Energy Information Administration (EIA) eine Gallone Normalbenzin im Schnitt 4,23 Dollar, was beim derzeitigen Wechselkurs etwa 1 Euro pro Liter entspricht. Während europäische Autofahrer mit solchen Preisen glücklich wären, war es für US-Verbraucher bisher unvorstellbar, beim Volltanken die Kreditkarte mit 70 bis 80 Dollar zu belasten.
Nun haben auch Politiker reagiert und wollen mit einer befristeten Freistellung von der Benzinsteuer Haushalte entlasten. So haben die Parlamente in Maryland, Georgia und Connecticut „tax holidays“, also „Steuer-Urlaube“ beschlossen. In Maryland, einem Nachbarstaat der Hauptstadt Washington D.C., können Autobesitzer 30 Tage lang steuerfrei tanken. „Der Spritpreis liegt bei uns um etwa 50 Cent pro Gallone unter dem nationalen Schnitt“, stellt Gouverneur Larry Hogan fest. An den Tankstellen bilden sich nun lange Schlangen, weil Fahrer aus Washington und dem angrenzenden Virginia Ausflüge nach Maryland machen, um ein paar Dollar zu sparen.
Wie Hogan sagt, werden Autofahrer in seinem Bundesstaat 100 Mill. Dollar weniger ausgeben müssen. Angesichts eines Haushaltsüberschusses von 7,5 Mrd. Dollar hatte er für einen längeren „Steuer-Urlaub“ plädiert, stieß damit beim Gesetzgeber aber auf taube Ohren. Längere Freistellungen haben Georgia und Connecticut beschlossen. In anderen Staaten werden ähnliche Entlastungen debattiert. Schließlich verteuerte sich Sprit während des vorigen Jahres um 38%, und ein Ende der Preisspirale ist derzeit nicht in Sicht.
*
Kaum ein Team im US-Profisport ist so umstritten wie die Footballmannschaft Washington Commanders. Jahrzehntelang hatten sie auf Beharren ihres Eigentümers Dan Snyder an dem umstrittenen Namen „Redskins“, also „Rothäute“, festgehalten, der als Beleidigung der amerikanischen Ureinwohner angesehen wurde. Abtrünnige Sponsoren zwangen den Milliardär schließlich, den Namen zu ändern. Dazu gesellten sich während der vergangenen Jahre Sexskandale. Tänzerinnen, die während der Spielpausen das Publikum unterhalten, erhoben gegen das Management Vorwürfe sexueller Belästigung. Auch tut sich die Mannschaft auf dem Spielfeld schwer und hat seit 1992 keinen Super-Bowl-Titel mehr gewonnen. Trotzdem wurden die Ticketpreise angehoben. Einst volle Stadien stehen nun an Spieltagen oft halb leer.
Von den Rückschlägen unbeirrt will Snyder nun aber ein neues Stadion bauen, das über 1,2 Mrd. Dollar kosten soll. Für den Unternehmer stellt sich lediglich die Frage, ob er das in Washington selbst oder einem der angrenzenden Staaten Maryland oder Virginia tut. Eben wegen der Skandale haben die Hauptstadt und Maryland bereits abgewunken. In der Hoffnung, an Kartenverkäufen und sonstigen Geschäften rund um die Commanders Geld zu verdienen, wollten Politiker in Virginia aber durch den Verkauf von Kommunalanleihen 1 Mrd. Dollar bereitstellen.
Nun könnten sie einen Rückzieher machen und werden ihre Offerte womöglich auf 350 Mill. Dollar reduzieren. In der Öffentlichkeit sei der Widerstand gegen eine so hohe Subvention für einen Milliardär zu groß gewesen, heißt es. Ähnlich sieht es der Kongress, wo ein neues Gesetz debattiert wird. Der „No Tax Subsidies for Stadiums Act of 2022“ würde den steuerfreien Status von Kommunalanleihen aufheben, mit denen der Bau von Stadien für Profimannschaften finanziert wird.