KommentarInfineon kauft ein

Riskanter Zukauf in den USA

Der jüngst angekündigte Zukauf von Infineon für 2,5 Mrd. Dollar in den USA sorgt für keine Kursfantasie. Derzeit überwiegen die Risiken die Chancen für den Erwerb der Autoaktivitäten vom US-Anbieter Marvell.

Riskanter Zukauf in den USA

Infineon

Riskanter Zukauf in den USA

Von Stefan Kroneck

Mitten in einer drohenden weltweiten Rezession aufgrund des von US-Präsidenten Donald Trump entfachten Zoll-Handelskriegs geht Infineon ein großes Wagnis ein. Der Zeitpunkt für einen Zukauf in den USA könnte für Deutschlands größten Chiphersteller nicht ungünstiger sein. Der Dax-Konzern erwirbt vom US-Wettbewerber Marvell dessen Auto-Aktivitäten für 2,5 Mrd. Dollar in bar.

Das ist ein stolzer Preis. Denn das Geld, welches Vorstandschef Jochen Hanebeck für die Akquisition berappt, entspricht dem 10-Fachen des Jahresumsatzes der Marvell-Einheit. Zum Vergleich: Als Anfang 2020 Infineon den US-Halbleiterspezialisten Cypress für 9 Mrd. Euro schluckte, entsprach der Kaufpreis einem Umsatz-Multiple von 4.

Überteuert

Die Konzernspitze argumentiert, es handele sich um einen strategisch wichtigen Schritt, um die weltweit führende Position von Infineon im Segment der Auto-Mikrocontroller auszubauen. Das mag den auffallend hohen Preis rechtfertigen. Angesichts der großen Unsicherheit an den Kapitalmärkten aufgrund der Angst der Investoren vor einem Abrutschen der Weltwirtschaft ist dieser Schritt allerdings hochriskant.

Denn mit dem Neuerwerb erweitert Infineon ihre Aktivitäten in einem Bereich, der jetzt schon mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes ausmacht. Das Geschäft mit elektronischen Bauteilen für Autos wird unter den steigenden Zöllen leiden. Die Autohersteller und damit ihre Zulieferer gehören zu den großen Verlierern der radikalen Abschottungspolitik der Trump-Administration.

Keine Kursfantasie entfacht

Damit wachsen auch die Zweifel der Anleger an der ambitionierten Jahresprognose von Infineon. Nach Bekanntgabe des Marvell-Deals setzte die Aktie ihre Talfahrt fort. Seit Jahresbeginn büßte das Papier von Infineon nahezu 30 % ein. Hanebeck fehlt es aktuell wegen des herausfordernden Umfelds an Überzeugungskraft. Die Akquisition entfacht keine Kursfantasie. Der Marvell-Deal bietet eventuell langfristige Perspektiven. Am Markt hat dafür aber niemand die notwendige Geduld.

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