Roms falsche Symbolpolitik
Privatisierung
Roms falsche Symbolpolitik
Von Gerhard Bläske
Dass der Staat sein Engagement in der Wirtschaft reduziert, ist grundsätzlich ein gutes Signal. Wenn es aber allein aus der Überlegung geschieht, mit den daraus resultierenden einmaligen Privatisierungserlösen Haushaltslöcher zu stopfen, ist das schon weniger überzeugend.
Genau das hat aber die italienische Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni vor. Sie will Anteile an der Post, der Staatseisenbahn, dem Mineralölkonzern Eni, der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) und vermutlich auch der Filmstudios von Cinecittà veräußern – nicht zuletzt, weil die Wirtschaft deutlich schwächer wächst als erwartet. Die Banca d`Italia hat gerade die Wachstumsprognose für 2024 auf 0,6% reduziert, während die Regierung ihrer Haushaltsplanung unrealistische 1,2% zugrunde gelegt hat. Angesichts der geringeren Steuereinnahmen droht die ohnehin hohe Staatsverschuldung von 140% des Bruttoinlandsprodukts weiter zu steigen. Das würde Konflikte mit Brüssel heraufbeschwören. Der Haushalt geht ohnehin von überoptimistischen Grundannahmen aus. Auf die geplanten Steuersenkungen, die Fortführung von Vorruhestandsregelungen und familienpolitische Maßnahmen will Rom nicht verzichten.
Die Idee, Staatsbeteiligungen zu versilbern, ist in dieser Form wenig sinnvoll. Denn erstens verzichtet Rom damit auf regelmäßig sprudelnde Dividenden, zweitens aber steckt dahinter keinerlei Strategie. Denn es soll nur so viel verkauft werden, dass Rom die Kontrolle behält. Unabhängig von der Frage, ob das potenzielle Investoren überzeugt, können damit kaum die bis 2026 angepeilten Privatisierungserlöse von 20 Mrd. Euro erreicht werden. Bis dato sind gerade einmal 920 Mill. Euro aus Anteilsverkäufen an der Monte dei Paschi in die Staatskasse geflossen.
Es kommt aber noch etwas anderes hinzu. Die Regierung privatisiert nicht nur, sie verstaatlicht gleichzeitig. Sie will für 2 Mrd. Euro eine Beteiligung am Festnetz von Telecom Italia erwerben, das ausgegliedert werden soll. Und sie muss wohl den Stahlkonzern Acciaerie d`Italia mit dem riesigen Stahlwerk in Taranto retten, der in einer schweren Liquiditätsklemme steckt. Denn Großaktionär ArcelorMittal, der einst mit falschen Versprechen gelockt wurde, will aussteigen. Die Kosten einer „Rettung“ sind unabsehbar.
Die „Privatisierungsstrategie“ ist vor allem Symbolik. Viel vernünftiger wäre es, die gigantischen Ausgaben etwa für Rentenzahlungen und Subventionen zu reduzieren. Darin steckt viel größeres Potenzial.