Schlecht vernetzt
Ihre Netze sind die Basis der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in Europa, doch ist die Telekombranche dafür politisch seit Jahren offenbar schlecht vernetzt. Der Wunsch nach einer Konsolidierung der zahlreichen Netzbetreiber in mitunter sogar kleinen europäischen Ländern scheitert hartnäckig am Widerstand der Kartellbehörden; und die Klagen über eine asymmetrische Regulierung von Internetunternehmen, die auch Kommunikationsdienste anbieten – wie Whatsapp – oder Kommunikationskanäle nutzen – wie Video- und Streamingfirmen –, verhallen ungehört.
Nicht nur, dass diese oft marktmächtigen Internetriesen kaum reguliert werden, sie verdienen ihr Geld auch noch auf dem Rücken der Telekommunikationsunternehmen. Sie nutzen die teure Infrastruktur, ohne sich an deren Kosten zu beteiligen. Mehr noch, sie greifen mit ihren Diensten sogar den Löwenanteil der Wertschöpfung auf den Netzen ab. Denn während die Preise für einen schnelleren Internetzugang durch höhere Bandbreiten in den vergangenen Jahren relativ rückläufig waren, mit entsprechendem Druck auf die Cash-flows der Telekomfirmen, ernten Youtube, Amazon, Netflix und Co die Früchte hochmargiger Content-Angebote.
Das Problem ist nicht neu. Es hat sich mehr und mehr verschärft, seit ein innovatives Start-up namens Netflix vor einem Jahrzehnt die Videobranche revolutioniert und den Aufstieg einer neuen Industrie der globalen Streaming-Anbieter ermöglicht hat. Hinzu kommt, dass die Pandemie nun die Nachfrage nach derlei hochbitratigen Internetdiensten nochmal angeheizt hat.
Indes, so legitim die Forderung der Telekomfirmen nach einem Kostenbeitrag der Internetriesen zum teuren Netzausbau ist, so schwach ist ihre Verhandlungsposition. Sie gleicht ein wenig der Lage eines Smartphone-Ladens, der Apple droht, das iPhone aus dem Sortiment zu nehmen, wenn der Konzern keine Regalmiete zahlt. Hier wäre selbst ein Ladenbündnis ähnlich aussichtsreich wie ein Ölkartell: Der Druck der Nachfrage ist dauerhaft einfach zu hoch.
So bleibt der Telekombranche nur die Hoffnung auf eine regulatorische Initiative. Auch diese hat allerdings ihre Tücken. Denn das umstrittene Paradigma der Netzneutralität kommt dabei einmal mehr auf den Tisch. Es wird sonst nicht leicht sein, ein Unternehmen, dessen Dienste im Internet besonders stark gefragt sind, dafür mit erfolgsabhängigen Gebühren gleichsam zu bestrafen. Am Ende ist nur die Frage, wer sich leichter tut, den Preis für die Infrastruktur beim Endkunden einzutreiben, vermutlich sind das die Internetriesen.