Stimmungskiller
Die Absage des Börsengangs von Babbel kommt überraschend und wirft die Frage auf, ob die geplatzte Erstnotierung der Sprachlern-App aus Berlin das Ende des IPO-Booms einläutet. Zu teuer angeboten wurden die Aktien jedenfalls nicht: Mit einer Marktkapitalisierung von bis zu 1,3 Mrd. Euro hat Babbel eine deutlich geringere Bewertung angestrebt als der große US-Wettbewerber Duolingo, der im Juli überaus erfolgreich sein Debüt an der Wall Street feierte. Noch am Montag hatte eine der von Babbel engagierten Banken gemeldet, das Orderbuch sei gut gefüllt. Doch der wichtigste Tag in der fünftägigen Zeichnungsfrist ist der letzte, in diesem Fall der gestrige Mittwoch: Bis dahin können alle Orders zurückgezogen werden.
Offenbar hatte Babbel Pech mit dem Timing. Als die Liquiditätsprobleme des chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande am Montag für einen vorübergehenden globalen Ausverkauf sorgten, hat das auch die Stimmung der IPO-Investoren in Europa verdorben. Das Volatilitätsbarometer Vix – der „Angstindex“ – war am Montag mit 26,5 auf den höchsten Stand seit Mai gestiegen. Für Börsengänge gilt als Faustregel, dass man sie nicht bei einem Wert oberhalb von 20 wagen sollte. Ob die Banker von BNP Paribas, Morgan Stanley, Berenberg und Citigroup den Anstieg nicht früh genug beachtet haben, müssen sie jetzt ihrem Kunden Babbel erklären. Auch die Tatsache, dass es keinen Ankerinvestor gab, der vor Beginn der Zeichnungsfrist seine Teilnahme zugesagt hätte, mag ein Kunstfehler gewesen sein.
Was bedeutet nun die IPO-Absage für das Dutzend an weiteren Börsenkandidaten in Deutschland? Voraussichtlich nicht allzu viel. Einiges spricht dafür, dass es sich nicht um die Folge eines deutlich verschlechterten Umfelds handelt. Die Geldschleusen der Notenbanken bleiben geöffnet. Die Preise für börsengehandelte Aktien, Anleihen und Immobilien gelten als weitgehend ausgereizt. So wird wohl weiter Geld in IPOs fließen.
Sicher ist das aber nicht. Der Stimmungstest geht weiter. Babbel ist nicht die einzige Absage. Schon in der vergangenen Woche brach der kleine Versorger Scholt Energy in Amsterdam das IPO ab, und in Paris hat der Spezialdistributor Exclusive Networks gerade trotz mehrfacher Überzeichnung den Sprung aufs Parkett nur am unteren Ende der Spanne geschafft. Nach dem Boom der Börsengänge in der ersten Jahreshälfte zeichnet sich eine gewisse „Müdigkeit“ der Investoren ab, von denen viele ihr Budget für Investments in IPOs ausgeschöpft haben. Sie müssen und wollen nicht mehr bei jedem Deal dabei sein.