LeitartikelZahlungsmittel

Suche nach dem Nutzen beim digitalen Euro

Der digitale Euro bringt dem Verbraucher wenig Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Bezahlmethoden. Für die EZB wird das ein Problem.

Suche nach dem Nutzen beim digitalen Euro

Digitaler Euro

Suche nach dem Nutzen

Der digitale Euro bringt kaum Vorteile im Vergleich zu bestehenden Bezahlmethoden. Für die EZB wird das ein Problem.

Von Martin Pirkl

Mit Hochdruck arbeitet die EZB an einem digitalen Euro, mit dem nach Vorstellung der Notenbank die Bevölkerung noch im Laufe dieses Jahrzehnts bezahlen kann. Die große und wichtige Frage im Falle einer Einführung ist jedoch, ob die Bürger damit am Ende auch tatsächlich bezahlen wollen. Denn eine Pflicht zur Nutzung kann und wird es nicht geben. Der digitale Euro steht in direkter Konkurrenz zu bereits bestehenden digitalen Bezahlverfahren sowie dem Bargeld.

Die EZB wird nicht müde zu betonen, welche Vorteile der digitale Euro mit sich brächte. Das Problem ist, nur die wenigsten Argumente überzeugen. Gerade in Deutschland kennen die Anhänger des digitalen Bezahlens die Situation, dass der Kiosk um die Ecke oder gar manchmal das Restaurant nur Bargeld annimmt. Zwar soll der digitale Euro gesetzliches Zahlungsmittel werden. Überall damit bezahlen wird man aber wohl dennoch nicht können. Denn für kleinere Händler, für die der Aufbau der Infrastruktur zu teuer ist, sind Ausnahmen von der Annahmepflicht geplant.

Paradoxon um Datenschutz

Ein anderes Szenario, dass die EZB gerne mal anführt, ist der gesellige Abend mit Freunden im Restaurant. Einer könnte die Rechnung übernehmen, die anderen überweisen noch am Tisch ihren Anteil in digitalen Euro an den Freund oder die Freundin. Mal abgesehen davon, dass man in den meisten Restaurants die Rechnung problemlos teilen kann, gibt es mit beispielsweise Paypal bereits private Zahlungsanbieter, mit denen schnelle Überweisungen an Freunde kein Problem sind. Das Gegenargument der EZB, dafür müssten erst alle Beteiligten denselben Zahlungsanbieter nutzen, verfängt nicht. Denn dasselbe gilt für den digitalen Euro. Wer sich die entsprechende App nicht herunterlädt oder eine Karte besorgt, mit denen Bezahlungen eventuell auch möglich sein werden, kann mit digitalen Euro nicht bezahlen.

Den Aufwand, sich darum zu kümmern, dürften Verbraucher in großer Zahl nur dann tun, wenn sie einen Zusatznutzen im digitalen Euro sehen. Neuerdings versucht die EZB das Thema Datenschutz in den Fokus zu rücken. Kein Wunder, schließlich geben Leute regelmäßig an, dass Ihnen Datenschutz wichtig ist – insbesondere in Deutschland, dem bevölkerungsreichsten Land der Eurozone. Tatsächlich könnten die EZB und die nationalen Notenbanken hier punkten, da sie anders als Geschäftsbanken kein kommerzielles Ziel verfolgen. Solange der Bürger der Notenbank nicht unterstellt, sie könnte die Daten für Überwachungszwecke nutzen, könnte die EZB daher beim Verbraucher beim Thema Datenschutz überzeugen.

Doch auch hier gibt es ein Problem. Die Leute erzählen zwar ständig, wie wichtig ihnen Datenschutz ist, handeln aber oft nicht danach. Am Ende nutzen viele doch die Dienste, an denen sie Interesse haben, selbst wenn der Anbieter im Verdacht steht, mit den Daten womöglich Schindluder zu treiben. In der Forschung heißt dieses widersprüchliche Verhalten Privacy Paradox.

Sicherheit ist kein wirkliches Argument

Das Thema Sicherheit als Argument fällt auch weg. Um bei tatsächlichen oder befürchteten Krisen große Zahlungsströme in den digitalen Euro zu verhindern, wird es eine Obergrenze geben. Geld im großen Stil beim zahlungsausfallsicheren Konto der EZB zu parken, ist also nicht möglich. Zudem wird die EZB sicherlich beim Verbraucher nicht betonen wollen, dass das Guthaben bei der Notenbank sicherer sei als bei den Geschäftsbanken und so deren Bonität ankratzen.

Letztlich überzeugt nur, dass es aus geopolitischer Sicht wünschenswert ist, wenn Europa im Zahlungsverkehr unabhängig von ausländischen Anbietern wäre. Dass dies eventuell auch mit der European Payments Initiative (EPI) mehrerer privater Finanzinstitute möglich wäre, sei mal dahingestellt. Die große Frage für die EZB ist, ob wirklich viele Verbraucher bei der Wahl ihres Zahlungsmittels den Aspekt der strategischen Autonomie berücksichtigen werden. Wahrscheinlicher ist, dass das bequemste Zahlungsmittel gewinnt. Und hier muss der digitale Euro erst beweisen, dass er in diesem Bereich wirklich was zu bieten hat, was die Konkurrenz nicht schon längst kann.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.