Autoindustrie

Tesla fährt BMW in die Parade

Trotz einer Aufholjagd von BMW in der Elektromobilität ist Tesla in diesem Zukunftssegment dem Münchner Autokonzern um Längen voraus. Dieser Vorsprung macht sich auch in der Profitabilität bemerkbar.

Tesla fährt BMW in die Parade

Von Stefan Kroneck, München

BMW hat Jubiläum. Es ist mittlerweile rund zehn Jahre her, dass der Münchner Autohersteller den Einstieg in die Serienfertigung von Elektro-Pkw wagte. Damals war Tesla ein Newcomer, der gerade mal neun Lenze zählte. Der aufstrebende Elektroautobauer aus Kalifornien war ein Außenseiter, den manche Manager unter den etablierten Herstellern anfangs nicht ernst nahmen.

Wie schnell sich die Dinge in relativ kurzer Zeit geändert haben! Das Unternehmen von Elon Musk hat sich im Markt behauptet. Tesla macht den etablierten Herstellern im Wettbewerb um Marktanteile immer stärker Druck. Zeitgleich ist das E-Pionier-Modell von BMW nunmehr Ge­schichte. Der weiß-blaue Dax-Konzern stellt die Produktion des i3 ein. Diese Entscheidung ist zwar kein Zeugnis einer gescheiterten Elektro-Strategie der Bayern, wird von außen aber sehr wohl als Symbol dafür wahrgenommen, dass BMW längst nicht mehr ganz vorne im Segment batteriebetriebener Fahrzeuge mitspielt.

Unter Musks Regie fährt Tesla vor allem den stolzen deutschen Autobauern in die Parade. Das dürfte in der BMW-Zentrale schmerzen, ist aber zugleich für Konzernchef Oliver Zipse ein Ansporn, im Ringen um die Führerschaft bei E-Autos der gehobenen Klasse seine Aufholjagd zu beschleunigen. Dieses Unterfangen gleicht aber keinem Sprint, sondern einem mühsamen Marathon. Das belegen die Eckdaten für 2021.

Im vergangenen Jahr konnte der BMW-Konzern zwar die Zahl seiner ausgelieferten Pkw weltweit um über 8% auf 2,52 Millionen Stück steigern und darunter den Anteil elektrifizierter Pkw auf 13 (i.V. 8)% erhöhen, Tesla ist in dem hart umkämpften Zukunftssegment allerdings mittlerweile weit voraus. Mit fast 1 Million abgesetzten E-Autos machen die Kalifornier nur 37% des Volumens von BMW aus, liegen aber um über 600 000 Einheiten vor den Münchnern. Rechnet man die Hybridmodelle von BMW heraus, beträgt der Abstand bei reinen E-Autos sogar über 800 000 Stück.

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Tesla in der Profitabilität BMW die Rücklichter zeigt. Mit einer erzielten operativen Umsatzrendite von 12,1% liegt Musks Vorzeigefirma 1,8 Prozentpunkte vor der Kernsparte von BMW.

Elon Musk im Vorteil

Die aktuelle Schere bei den Margen deutet darauf hin, dass Tesla mittlerweile kosteneffizienter fertigt als BMW. Das moderne Tesla-Werk in Grünheide (Brandenburg) könnte dazu beitragen, dass sich diese Schere zugunsten des amerikanischen Herausforderers ausweitet, wenn BMW nicht erfolgreich gegensteuert. Die Transformation des Unternehmens von einem Produzenten von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren hin zu einem Pkw-Vollsortimenter für Elektromobilität mit modernsten softwarebasierten Anwendungen für Fahrer verschlingt mehrere Milliarden. Davon zeugen u.a. die hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. Ein solcher Block an Zusatzkosten bleibt Tesla erspart.

Zudem nagt ein aufwendiges, weit verzweigtes Vertriebsnetz mit Autohändlern generell an den Renditen etablierter Hersteller wie BMW. Tesla muss einen solchen überdimensionierten, unzeitgemäßen Apparat nicht mit sich herumschleppen. Die Kalifornier setzen auf schlankere digitalisiertere Vertriebsprozesse. Tesla befindet sich daher im Vorteil.

Vor diesem Hintergrund dürften die Anstrengungen von BMW, die Variantenvielfalt herunterzufahren, um auf diese Weise den Kostenblock zu drücken, nicht ausreichen. BMW ist gezwungen, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Effizienz zu erhöhen. Das Umfeld dafür ist aber derzeit ungünstig. Neue Lockdowns in China aufgrund der Omikron-Virusvariante in der Corona-Pandemie bremsen das Neugeschäft im größten Einzelmarkt. Der Ukraine-Krieg ist ein gravierender externer Schock für die Weltwirtschaft. Driftet die Konjunktur in eine Rezession ab, verhagelt das die Unternehmensbilanzen.

In Bezug auf die Erwartungen für 2022 wird auch BMW angesichts der wachsenden Risiken vorsichtiger. Der Vorstand rechnet bestenfalls mit einem stagnierenden Autoabsatz. Anhaltende Lieferengpässe bei Vorprodukten, eine nachlassende Dynamik in China und die Folgen des russischen Angriffskriegs sorgten für einen schwachen Jahresauftakt.

Im ersten Dreimonatsabschnitt 2022 schrumpften die Pkw-Auslieferungen der BMW-Gruppe um mehr als 6% auf 596 907 Fahrzeuge. Das schlägt sich im operativen Ergebnis der Kernsparte nieder. BMW veröffentlicht ihr Quartalsergebnis am 5. Mai.

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten werden auch über dieses Datum hinaus andauern. Denn die Mischung aus steigenden Zinsen, einer rasant wachsenden Inflation und dem militärischen Konflikt in Osteuropa sind Gift für Anleger. Das schlägt auch bei BMW durch. Seit Jahresbeginn büßte die Stammaktie über ein Fünftel an Wert ein. Zu Vergleich: Der Dax schrumpfte „nur“ um 14%. Die Kursverluste beim Tesla-Titel fielen in diesem Zeitraum ähnlich hoch aus wie beim größeren bayerischen Wettbewerber. Trotz unterschiedlicher Ausgangslagen in der Branche zu Jahresbeginn gehen die Investoren angesichts einer hohen Unsicherheit am Markt zu Autowerten derzeit auf Distanz. Das trifft Tesla und BMW gleichermaßen.

Bei diesem Thema sitzen Musk und Zipse also in einem Boot, obgleich Tesla mit einer Marktkapitalisierung von rund 1 Bill. Dollar weltweit an die Spitze unter den börsennotierten Autokonzernen katapultiert wurde. Die Summe entspricht rund dem Fünffachen dessen, was BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen zusammen auf die Waage bringen. Mancher mag das als Überbewertung von Tesla interpretieren. Der deutliche Abstand zur Konkurrenz deutet vielmehr darauf hin, dass Anleger die Equity Story des Aufsteigers aus dem Golden State überzeugender finden als die mühsamen Umbaukonzepte des Dax-Trios.

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