Türkei

Tief, tiefer, Lira

Die türkische Zentralbank beugt sich einmal mehr dem Willen von Staatspräsident Erdogan. Die Währung ist im freien Fall – und niemand kann sagen, wo diesmal die Schmerzgrenze liegt.

Tief, tiefer, Lira

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Recep Tayyip Erdogan hat den Finanzmärkten – man muss es so deutlich sagen – den Mittelfinger gezeigt. Kaum riss die türkische Landeswährung vor wenigen Tagen zum ersten Mal die symbolische Schwelle von 10 Lira pro Dollar, befeuerte der Staatspräsident den Absturz zur Wochenmitte, indem er de facto eine weitere Zinssenkung befahl. Tags darauf blieb den willfährigen Geldpolitikern des Landes gar keine andere Wahl, als zu gehorchen, sonst könnten sie auch gleich um ihre Entlassung bitten. Als Währungshüter können sich die Zentralbanker in Amt und Würden längst nicht mehr bezeichnen, ohne rot zu werden, denn sie lassen die Devise im freien Fall. Erdogan nimmt Währungsturbulenzen und hohe Inflationsraten billigend in Kauf, um die Wirtschaft mit den Wahlen am Horizont heißlaufen zu lassen. Spätestens im Juni 2023 wird in der Türkei gewählt. Bei der Währungskrise im August 2018 zog die Zentralbank kurz vor der Marke von 7 Lira pro Dollar die Notbremse. Wer weiß schon, wo Erdogans Schmerzgrenze diesmal liegt: Am Donnerstag kostete ein Dollar bereits 11 Lira.

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