KommentarGeldpolitik

Trügerischer Erfolg bei der Inflation

Die Inflationsrate fällt auf den niedrigsten Stand seit 2021. Zufrieden kann die Notenbank mit den neusten Daten aber noch nicht sein.

Trügerischer Erfolg bei der Inflation

Euro-Inflation

Trügerischer
Erfolg

Von Martin Pirkl

Die Inflationsrate ist im August dem EZB-Ziel nahe. Zufrieden kann die Notenbank mit den neusten Daten jedoch nicht sein.

So nah wie im August war die EZB ihrem Ziel der Preisstabilität seit über drei Jahren nicht mehr. Im September könnte die Inflation sogar wieder knapp unter die 2%-Marke fallen. Für eine Entwarnung ist es dennoch viel zu früh. Nicht nur, weil statistische Effekte die Teuerung derzeit dämpfen und sich diese Effekte im Herbst umkehren werden, so dass die Inflation absehbar wieder Richtung 2,5% anziehen wird. Auch in den aktuellen Daten zeigt sich eine unerfreuliche Entwicklung für die Notenbank, die zur Vorsicht bei der Lockerung der Geldpolitik mahnt. Die Dienstleistungsinflation macht im August nicht nur keine Fortschritte, sie erklimmt mit 4,2% sogar unbekannte Höhen.  

Hier spielt zwar auch das Großereignis Olympia mit rein, das im August zu höheren Hotelpreisen in Frankreich geführt hat. Dennoch zeigt die hohe Teuerung im Servicesektor im gesamten Euroraum und die damit auch kaum sinkende Kerninflation als Indikator für den Inflationstrend, dass eine nachhaltige Rückkehr zur Preisstabilität 2025 längst nicht garantiert ist. Die Dienstleistungsinflation muss noch um rund 1,5 Prozentpunkte sinken, damit dies mit dem Inflationsziel der EZB vereinbar ist. Ein ganz schön langer und steiniger Weg.

Eine Zinssenkung im September voraus

Eine Zinssenkung der EZB im September um 25 Basispunkte wird es dennoch geben – und das ist auch richtig so. Denn selbst nach dieser Lockerung befindet sich der Einlagensatz mit dann 3,5% unbestreitbar im restriktiven Territorium. Mindestens solange eine 3 vor dem Komma steht, wird das der Fall sein. Die schwächelnde Euro-Konjunktur – insbesondere in Deutschland – vergrößert zudem den Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik.

Im Oktober direkt die nächste Zinssenkung folgen zu lassen, wäre dennoch keine gute Idee, obwohl die Geldpolitik selbst dann noch restriktiv wirken würde. Die Finanzmärkte erwarten bereits jetzt mit einem Leitzins von rund 2,2% Ende 2025 bis dahin Zinssenkungen im Umfang von 155 Basispunkten. Das ist gewagt angesichts der hartnäckigen Dienstleistungsinflation. Gut möglich, dass die EZB eine längere Zinspause einlegen muss, sobald sie an die Schwelle kommt, bei dem der Leitzins möglicherweise nicht mehr restriktiv wirkt.

Eine Lockerung im Oktober, die von den Finanzmärkten bislang eher nicht erwartet wird, würde die Zinsfantasien noch weiter anheizen. Das wiederum würde die Finanzierungskonditionen stärker lockern. Angesichts der noch nicht sicheren Rückkehr zur Preisstabilität bis Ende 2025 kann das nicht im Interesse der EZB sein.


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