Trump stellt EU vor Härtetest
US-Strafzölle
Härtetest
für die EU
Von Detlef Fechtner
Der Volksmund sagt, dass unaufgeforderte Beteuerung der Unschuld gemeinhin das erste Lügensignal ist. Hoffentlich gilt das nicht auch für Europas Regierungschefs. Denn viele von ihnen haben vor ihrem Sondergipfel – ohne dass sie gefragt wurden – beschworen, dass die EU geschlossen auf Provokationen und Drohungen aus Washington reagieren werde.
Es ist zu hoffen, dass diese Versicherungen nicht nur für die Kameras gesprochen wurden, sondern dass sich die 27 Regierungschefs mit allen Kräften darum bemühen, einheitlich gegenüber Donald Trump aufzutreten. Denn wirtschaftlich gesehen sitzt die EU bereits am kürzeren Hebel, denn die hiesigen Volkswirtschaften würden unter einer Eskalation des Handelsstreits stärker leiden als die USA. Umso wichtiger wäre, dass sich die EU nicht durch Zerstrittenheit und Vielstimmigkeit handelspolitisch noch verletzlicher macht.
Die Europäer werden Trump nicht durch gutes Zureden davon abhalten, Strafzölle auf Einfuhren aus der EU zu verhängen. Sondern allenfalls durch Deals. Doch Deals funktionieren nur, wenn die EU aus einer gewissen Stärke heraus (ver)handeln kann. Kein Zufall, dass viele Regierungschefs beim EU-Sondergipfel Europas Stärke betont haben und auch Gegenzölle nicht ausschließen. Wer verhandeln will, muss selbstbewusst sein – und bereit, je nach Lage der Dinge entweder Zugeständnisse zu offerieren oder mit Gegenmaßnahmen zu drohen.
Stärke und Verhandlungsfähigkeit setzen indes Geschlossenheit voraus, gerade in der Handelspolitik. Doch wenn sich Europa noch nicht einmal gegenüber China geschlossen zeigen kann – etwa im Streit um Zölle auf E-Auto-Importe –, wie soll dies angesichts sehr unterschiedlicher nationaler Außenhandelsstrukturen gegenüber einem Partner wie den USA gelingen?
So werden die nächsten Wochen zu einem echten Härtetest für die EU. Die gute Nachricht des EU-Sondergipfels lautet: Alle haben den Ernst der Lage begriffen. Und alle sind sich einig, dass alles getan werden soll, um einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden. Die schlechte Nachricht: Unter den Überlegungen, welche Angebote die EU Trump machen könnte, um Strafzölle abzubiegen, ist weniges, was den US-Präsidenten wirklich überzeugen dürfte. Umfangreiche Käufe von LNG oder Rüstungsgütern oder niedrigere Aufschläge für EU-Importe von US-Waren werden absehbar als Einsatz nicht reichen. Der Härtetest für die Einheit der Union wird daher kaum ein kurzer Stresstest, sondern eher eine lange Geduldsprobe.
Die EU wird US-Strafzölle nicht durch Zureden verhindern. Sondern allenfalls durch Deals.