KommentarPostbank-Streit

Übersensible Aktionäre der Deutschen Bank

Weder der Sturz der Deutsche-Bank-Aktie nach der Postbank-Rückstellung im April noch der Sprung am Donnerstag sind begründet. Die Aktionäre lassen sich offenbar zu sehr von Stimmungen leiten.

Übersensible Aktionäre der Deutschen Bank

Deutsche Bank

Übersensible Aktionäre

Von Jan Schrader

Die Aktie der Deutschen Bank reagiert zu stark auf Neuigkeiten zur Postbank. Weder der Kurssprung am Donnerstag noch der Sturz im April sind begründet.

Wenn die Deutsche Bank etwas Neues über den Rechtsstreit mit ehemaligen Postbank-Aktionären mitteilt, reagiert die Aktie auffällig stark. Erst ließ der Konzern Ende April ad hoc wissen, für den Rechtsstreit über den Preis der früheren Postbank-Aktie eine Rückstellung von 1,3 Mrd. Euro zu bilden, weil die Chancen nach Äußerungen des Oberlandesgerichts Köln nun weniger vorteilhaft zu bewerten seien. Am folgenden Handelstag gab die Aktie um 8,6% nach, was einem Börsenwert von 2,8 Mrd. Euro entsprach, also mehr als dem Doppelten der maximal möglichen Belastung.

Nun wiederholt sich das Schema, diesmal umgekehrt: Nach Einigung mit dem Großteil der Gegenseite auf einen Vergleich erwartet die Deutsche Bank einen Entlastungseffekt von 430 Mill. Euro vor Steuern im dritten Quartal, vielleicht auch etwas mehr. Der Kurs stieg am Donnerstag bis Handelsschluss um 4,0% auf 14,57 Euro, was einem Wert von 1,1 Mrd. Euro entspricht. Auch hier ist die Reaktion der Börse stärker als der finanzielle Effekt.

Für so starke Ausschläge gibt es keine überzeugende Erklärung. Eine Interpretation lautet, dass mit der Rückstellung eine Unfähigkeit des Managements offenbar wurde, Rechtsrisiken korrekt einzuschätzen. Das wäre nach dieser Lesart ein schlechtes Zeichen, weit über den Rechtsstreit hinaus. Tatsächlich aber kann ein Management nicht die Rückstellungen beliebig festlegen, sondern muss sich an Bilanzierungsregeln halten. Außerdem ändern sich Aussichten in einem Rechtsstreit vor Gericht eben häufig. Ein grober Managementfehler ist nicht erkennbar.

Ausschüttung nicht überbewerten

Eine andere Erklärung besagt, dass die Aktionäre auf Ausschüttungen schielen. Mit der Rückstellung im zweiten Quartal geriet ein Rückkauf von Aktien in die Ferne, während mit der Einigung nun die Hoffnung auf einen Aktienrückkauf oder eine höhere Dividende steigt. Aber auch diese Erklärung zieht nicht: Eine Ausschüttung, egal in welcher Form, schafft an sich keinen Mehrwert, sondern verschiebt zunächst nur finanzielle Mittel. Ein Aktionär mag sich über einen gestiegenen Anteil am Unternehmen oder über eine Dividende freuen, doch zugleich schwinden die finanziellen Mittel im Konzern. Eine starke Reaktion auf etwaige Ausschüttungen ist fehl am Platz.

Offenbar spielt Psychologie eine Rolle. Gute wie schlechte Nachrichten schaffen eine Spannung, die zu starken Reaktionen führt. Damit aber ist niemandem geholfen – auch den Aktionären nicht.

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