MarktplatzKünstliche Intelligenz

Dotcom-Blase als Vorbild

An den Aktienmärkten werden Milliarden und Abermilliarden in das Anlagethema künstliche Intelligenz gesteckt. Die Hoffnungen dürften übertrieben sein.

Dotcom-Blase als Vorbild

Künstliche Intelligenz

Übertriebene Hoffnungen

Von Dieter Kuckelkorn

Künstliche Intelligenz ist bekanntlich das derzeit heißeste Thema an den Aktienmärkten, und eine Handvoll großer US-Technologiekonzerne unter Führung von Nvidia verzeichnen so gewaltige Kursgewinne, dass sie die Entwicklung der großen amerikanischen Aktienindizes dominieren und prägen, während sich der große Rest der Aktien gemächlich entwickelt. Nvidia notierte beispielsweise im Herbst 2022 noch zu weniger als 13 Dollar. Seither hat sich der Kurs in etwa verzehnfacht. Am Markt wird letztlich unterstellt, dass im Rahmen des Booms Milliarden und Abermilliarden an weltweiten KI-Investitionen entstehen und genau an diese wenigen US-Konzerne fließen, die dadurch noch einmal erheblich an Größe und Ertragskraft zulegen.

Ob diese Rechnung aufgeht, wird aber inzwischen zunehmend bezweifelt. US-Starökonom Daron Acemoglu, Professor an der US-Eliteuni MIT, schätzt den Produktivitätsfortschritt durch KI in den USA über die kommende Dekade auf lediglich 0,5% und den auf KI zurückzuführenden Anstieg des Bruttoinlandsproduktes auf lediglich 0,9%. Jim Covello, Leiter des globalen Aktien-Researchs bei Goldman Sachs, merkt an, dass die geschätzten weltweiten Investitionen der kommenden Jahre in KI von 1 Bill. Dollar es erfordern, dass sich mit dieser Technologie preisgünstig komplexe Probleme lösen lassen – wovon aber nichts zu sehen sei. Er zieht den Vergleich zur vorherigen großen Technikrevolution Internet: Diese habe bereits sehr früh preisgünstige Lösungen geboten, die kostenintensive Technologien ablösen. Covello glaubt nicht daran, dass die noch sehr teure KI jemals so preisgünstig wird, um dies im großen Stil zu leisten. Und fraglich ist auch, ob das große Versprechen der KI, dass sich mit an der Vergangenheit trainierten Modellen komplexe menschliche Fähigkeiten replizieren lassen, jemals erfüllt wird.

Sollten sich diese Zweifel an der KI bewahrheiten oder auch nur bei vielen Investoren größer werden, würde dies unweigerlich das Platzen der KI-Bubble am Aktienmarkt nach sich ziehen. Die Dotcom-Bubble der Jahrtausendwende wäre hier das Vorbild.