Notiert inParis

Um des lieben Friedens willen

SNCF-Chef Farandou sichert Bahnmitarbeitern günstigere Bedingungen, als es die Rentenreform vorsieht, um Streiks während der Olympischen Spiele zu verhindern. Das sorgt für Wirbel.

Um des lieben Friedens willen

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Von Gesche Wüpper

Sie sorgt für Schlagzeilen. Und das bereit seit fast zwei Wochen. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem die französische Bahn SNCF nicht Thema von Artikeln, Radiodebatten oder Kommentaren ist. Nicht etwa, weil ihre Züge wie die der Deutschen Bahn chronisch verspätet wären. In der Regel kommen sie pünktlich an. Vielmehr erhitzt ein von SNCF-Chef Jean-Pierre Farandou mit den Gewerkschaften ausgehandeltes Abkommen die Gemüter. Farandou hofft, mit dem Abkommen Streiks während der Olympischen Spiele zu vermeiden. 

Er hat den Gewerkschaften deshalb Zugeständnisse für das Ende der Karriere der Bahnmitarbeiter gemacht. Sie erhalten nun bessere finanzielle Bedingungen, als es die im letzten Jahr in Kraft getretene Rentenreform eigentlich vorsähe. Einige Berufsgruppen können zudem wieder ohne finanzielle Einbußen früher in Rente gehen.

Kaum war das Abkommen bekannt geworden, hagelte es Kritik für Farandou, vor allem von der rechten Opposition. Auch Wirtschaftsminister Bruno Le Maire schäumte vor Wut. Farandou müsse ihm erklären, wie er das Abkommen finanzieren wolle, sagte er dem Radiosender BFM Business. Für hart arbeitende Mitbürger, die die Rentenreform akzeptiert hätten, sei es zudem eine Provokation.

Kein zweites Mandat

Le Maire fühle sich zudem übergangen, verlautete aus regierungsnahen Kreisen. Denn im Gegensatz zum Transportminister und Regierungschef Gabriel Attal war er nicht von Anfang an in die Pläne Farandous eingeweiht, obwohl sein Ministerium für staatliche Beteiligungen zuständig ist. Der Wirtschaftsminister habe Angst, Linkspopulisten und Rechtsextremisten kurz vor den Europa-Wahlen im Juni neue Nahrung für Kritik an der Regierung zu liefern, heißt es in Paris. 

Entsprechend versuchte der bereits wegen der Defizitverfehlung in die Kritik geratene Le Maire, ein Zeichen zu setzen. Das Wirtschaftsministerium gab bekannt, dass Farandous jetzt auslaufendes Mandat nicht um eine zweite Amtszeit verlängert werde. Allerdings soll der 66-Jährige die SNCF noch so lange leiten, bis die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris überstanden sind. Danach könnte Präsident Emmanuel Macron mit Jean Castex oder Elisabeth Borne einen seiner ehemaligen Regierungschefs als Nachfolger berufen, heißt es in Paris.

Rückkehr in die schwarzen Zahlen

„Man hat mich gebeten, Streiks zu verhindern, und danach werde ich kritisiert, weil ich sie verhindert habe“, sagte Farandou während seiner Anhörung im Senat. „Ich versehe das nicht so ganz.“ Zumal sich seine Bilanz an der Spitze der französischen Bahn durchaus sehen lassen kann: Ihm ist es gelungen, den Umsatz von 35 auf 42 Mrd. Euro zu steigern und Schulden abzubauen. Vor allem aber hat Farandou die SNCF seit seinem Amtsantritt 2019 trotz Covid und Streiks gegen die Rentenreform aus der Verlustzone in die schwarzen Zahlen gefahren. 2023 verbuchte die französische Bahn ein Nettoergebnis von 1,3 Mrd. Euro.

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