KommentarKrise in Wolfsburg

Viertagewoche kann allenfalls als Krücke für VW dienen

Eine Viertagewoche, um Jobs zu retten, wirkt wie ein großes Entgegenkommen der IG Metall. Doch für Volkswagen ist das keine passende Lösung. Dennoch ist der Ansatz eine Option.

Viertagewoche kann allenfalls als Krücke für VW dienen

Volkswagen

Vier Tage
als Krücke

Von Sebastian Schmid

Eine Viertagewoche, um Jobs zu retten, wirkt wie ein großes Entgegenkommen der IG Metall. Doch für Volkswagen ist das keine Dauerlösung.

Angesichts der Androhung von Werksschließungen und betriebsbedingten Kündigungen durch den VW-Vorstand zeigt sich die IG Metall ungewohnt beweglich. Die Gewerkschaft bringt eine Viertagewoche ohne vollen Lohnausgleich ins Spiel. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der bei VW im Aufsichtsrat sitzt, erinnert daran, dass ein vergleichbarer Schritt schon einmal geholfen habe, eine Krise zu überwinden. Stellt man das den Forderungen in den anstehenden Tarifverhandlungen gegenüber, wird klar, dass die Schocktherapie der VW-Führung ihre Wirkung nicht verfehlt hat: 7% für zwölf Monate lautet das bisherige Ziel der Gewerkschaft. Diese Idee dürfte erst einmal abgeräumt sein.

Dennoch wäre die Viertagewoche für Volkswagen keine ideale Lösung. Normalerweise werden Instrumente wie eine Arbeitszeitverkürzung oder Kurzarbeit eingesetzt, wenn es sich um eine voraussichtlich temporäre Krise handelt. So können Mitarbeiter gehalten werden, die es braucht, wenn nach und nach die Produktion später wieder hochgefahren werden soll. So hat die deutsche Autoindustrie etwa davon profitiert, dass in der Finanzkrise Mitarbeiter gehalten werden konnten. Als die Nachfrage wieder anzog, waren die hiesigen Hersteller schneller in der Lage, ihre Kapazitäten hochzufahren.

Doch für Volkswagen ist die Lage im Jahr 2024 eine andere. Das Management der Wolfsburger geht von einer nachhaltig um 2 Millionen Fahrzeuge geringeren Nachfrage im europäischen Pkw-Markt aus. Für Volkswagen bedeutet das bei einem Marktanteil von knapp einem Viertel rund 500.000 Autos pro Jahr. Damit würden Kapazitäten vorgehalten, die es voraussichtlich auch in einigen Jahren nicht brauchen wird. Die Viertagewoche wäre zwar ein typischer politischer Kompromiss, wie er bei VW in der Vergangenheit immer wieder vereinbart wurde. Doch er würde das Leiden nur lindern, die strukturellen Defizite aber unangetastet lassen.

Der Vorstand dürfte diese dennoch kaum lösen können. Denn er hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Es sind Fehleinschätzungen der Führung zur Marktentwicklung, die einen wesentlichen Anteil an den heutigen Problemen haben. Womöglich kann die Viertagewoche daher als Brücke genutzt werden – allerdings nicht bis zum Ende der Krise, sondern bis Fluktuation und Verrentung das Kostenproblem bei VW auf andere Weise lösen.

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