LeitartikelAnleihemärkte

Vom Käuferstreik weit entfernt

Frankreich profitiert derzeit von einer starker Investorennachfrage nach Anleihen. Die Bonds bieten relativ hohe Aufschläge.

Vom Käuferstreik weit entfernt

Von einem Käuferstreik an den Anleihemärkten ist Frankreich derzeit offensichtlich sehr weit entfernt. Gott sei Dank, kann man da nur sagen. Am Bondprimärmarkt treffen die französischen Schuldenmanager mit ihren neuen Papieren auf einen gesunden Appetit der Investoren. In dieser Woche sind sie mit einem 30-jährigen Papier vorstellig geworden, für das sie ein Orderbuch von mehr als 115 Mrd. Euro zusammenbekamen. Recht ordentlich für einen 8 Mrd. Euro schweren Bond-Deal. Selbst als die Price Guidance – also die Renditevorgabe in Form eines Spread über den ausstehenden Anleihen Frankreichs, mit denen Bonds für gewöhnlich vermarktet werden – im Verlauf des Deals zurückgenommen wurde, schwoll das Orderbuch noch weiter an. Dies ist insofern nicht ganz gewöhnlich, als Investoren mit dem Zurechtstutzen des Spread während des Marketings auch gern mal ihre Ordervolumina verringern oder Aufträge auch ganz zurückziehen. Das ist bei Frankreich aktuell ganz und gar nicht der Fall: Die Investoren reißen sich geradezu um die Bonds der Nachbarn.

Höhere Rendite

Die hohe Nachfrage seitens der Investoren ist sicherlich auch dem Renditeniveau geschuldet. Denn der 30-Jahres-Bond der Franzosen ging zu einer Rendite von 3,819% weg. Zum Vergleich: Bundesanleihen im 30-jährigen Laufzeitensegment lagen zur gleichen Zeit bei einer Rendite von 2,73%. Das ist natürlich schon ein guter Aufschlag, den die Franzosen da bieten. Und so mancher Anleger ist derzeit ja auf der Jagd nach Rendite, wird doch an den Märkten damit gerechnet, dass die Leitzinsen in der Eurozone und damit auch die Bondrenditen in diesem Jahr eher eine Tendenz nach unten aufweisen werden und eben nicht nach oben – aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Schwäche der Eurozone.

Schon der zweite Deal

Für die Franzosen war das in diesem Jahr nun schon der zweite Deal, der gut gelaufen ist. Ende Januar waren die französischen Schuldenmanager mit der Laufzeit 2042 an den Start gegangen. Der Bond im Volumen von 10 Mrd. Euro generierte ein Orderbuch von sage und schreibe mehr als 134 Mrd. Euro. Hier bekamen die Anleger seinerzeit eine Rendite von 3,664%. Frankreich hat bei den ersten Bondmarktauftritten 2025 also keinerlei Probleme, die Papiere loszuwerden. Die Befürchtungen, dass die ausufernden Haushaltsdefizite und die immer weiter steigenden Staatsschulden zu Problemen am Primärmarkt führen, bewahrheiten sich derzeit – noch – nicht. Und Frankreich hatten und haben die Anleger in dieser Hinsicht ja immer wieder im Blick.

Denn ebenso wie beim Bund hat sich ja der Spread für die Franzosen ins Gegenteil verkehrt. Der Zentralstaat Frankreich zahlt mittlerweile höhere Renditen für Anleihen als etwa der Luxusgüterkonzern Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH). Das sind zwar aktuell nur wenige Basispunkte, aber immerhin. Es zeigt, dass das Kreditrisiko für LVMH von Investoren gegenwärtig geringer eingeschätzt wird als das für den Staat Frankreich.

Gute Stimmung

Man kann nur hoffen, dass die gute Investorenstimmung für Frankreich am Bondmarkt anhalten wird und das Land nicht die kalte Schulter von den Investoren gezeigt bekommt. Die gute Stimmung dürfte vermutlich erstmal anhalten, weil zu Jahresbeginn die Anleger erfahrungsgemäß auf reichlich Cash sitzen, das nach Anlage drängt. Und weite Investorenkreise müssen im Fixed-Income-Universum anlegen. Viele Adressen sind dabei in erster Linie bei staatlichen oder staatsnahen Emittenten aktiv.

Von dieser guten Liquiditätsausstattung wissen natürlich auch die Franzosen, und diese Situation werden sie zu nutzen wissen. Daher ist erstmal davon auszugehen, dass Frankreich weiter auf eine gute Nachfrage treffen wird – nicht zuletzt aufgrund des Rendite-Pickup, den die französischen Staatsanleihen derzeit gegenüber anderen Adressen bieten. Ein Warnsignal sollte es aber sein, wenn Frankreich entweder nur noch knapp platzieren kann, also mit geringer Überzeichnung. Oder aber wenn die verlangten Aufschläge für die Franzosen allzu hoch werden. Möge das den Franzosen und den Märkten erspart bleiben.

Frankreich-Bonds

Vom Käuferstreik weit entfernt

Frankreich stößt bei Anleiheemissionen auf eine überraschend große Nachfrage. Das dürfte auch erstmal so bleiben, denn viele Investoren müssen im Fixed-Income-Bereich anlegen

Von Kai Johannsen
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