KommentarWasserstoffnetz

Vor die Welle kommen

Politik und Netzbetreiber wollen beim Wasserstoffhochlauf ein klassisches Henne-Ei-Problem verhindern. Es könnte gelingen.

Vor die Welle kommen

Wasserstoffnetz

Vor die Welle kommen

Von Andreas Heitker

Politik und Netzbetreiber wollen beim Wasserstoffhochlauf ein klassisches Henne-Ei-Problem verhindern. Es könnte gelingen.

Die Bedeutung der nun auf dem Tisch liegenden Planung für das künftige deutsche Wasserstoffnetz kann man gar nicht hoch genug ansetzen. Denn der Verlauf der wichtigsten Leitungen ist das entscheidende Puzzlestück für die Energiewende und die grüne Transformation. An dieses kann nun der Bau neuer Gas- und Wasserstoffkraftwerke angedockt werden, die mittelfristig die Produktion von Solar- und Windstrom absichern sollen. Es ist die Basis für die weiteren Planungen der Wasserstoff-Infrastruktur, angefangen von den Verteilnetzen bis hin zu den Speichern. Die künftigen industriellen Großabnehmer von Wasserstoff – etwa aus der Stahlindustrie – erhalten eine gewisse Planungssicherheit. Die Importstrategie für Wasserstoff setzt darauf an. Und selbst die Kommunen kommen bei ihrer Wärmewende nicht ohne eine Karte mit den wesentlichen Leitungsverbindungen aus.

Im Strombereich ist gut zu sehen, was passiert, wenn die notwendige Infrastruktur nicht rechtzeitig angegangen wird. Der Ausbau der großen Stromautobahnen ist jahrelang nicht vorangekommen, so dass es heute einen großen Investitionsstau gibt. Zusammen mit den Netzbetreibern hat sich die Politik beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft offenbar vorgenommen, dieses Mal vor die Welle zu kommen. Natürlich macht es die Sache auch einfacher, dass die Kosten für das Wasserstoffnetz deutlich geringer ausfallen als die für den Ausbau der Hoch- und Höchstspannungsleitungen in Deutschland. Und dass gut die Hälfte des Kernnetzes aus umgerüsteten Erdgaspipelines bestehen soll, ist sicherlich auch hilfreich. Aber das Kernproblem bleibt natürlich trotzdem bestehen: Es geht um Milliardeninvestitionen in einen Markt, den es so heute noch gar nicht gibt – mit allen Risiken für die Netzbetreiber und ihre Geldgeber. Es könnte mal wieder ein klassisches Henne-Ei-Problem werden. Doch die Unternehmen versprechen nun, in Vorleistung zu gehen. Und das Wirtschaftsministerium verspricht, Bürokratie möglichst gering und Genehmigungsprozesse möglichst kurz zu halten. Das macht Hoffnung.

In Europa ist Deutschland mit diesen Planungen derzeit Vorreiter. Von daher könnte das knapp 10.000 Kilometer lange deutsche Kernnetz auch die Basis für das europäische Wasserstoffnetz der Zukunft bilden und damit auch den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in der ganzen EU vorantreiben. Dies wäre wichtig, denn ohne die Lieferungen aus dem Ausland wird es nicht gehen. Rund zwei Drittel des deutschen Bedarfs sollen mittelfristig ja importiert werden.

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