KommentarPerformance mangelhaft

Vor Thyssenkrupp liegt noch ein weiter Weg

Déjá vu: Thyssenkrupp hat im abgelaufenen Turnus erneut einen milliardenschweren Verlust geschrieben. Dennoch erhalten die Aktionäre eine Dividende. Der Steuerzahler macht's möglich.

Vor Thyssenkrupp liegt noch ein weiter Weg

THYSSENKRUPP

Warten auf
bessere Zeiten

Annette Becker

Bis Thyssenkrupp wieder mit dem Wettbewerb mithalten kann, wird noch viel Zeit vergehen.

Die Aktionäre von Thyssenkrupp durften am Dienstag ein Déjà-vu erleben. Wenngleich es dem Traditionskonzern gelungen ist, nach drei Gewinnwarnungen im abgelaufenen Turnus wenigstens die gesenkten Ziele zu erreichen – oder wie im Fall des Free Cashflows vor M&A sogar zu übertreffen –, rechtfertigt das Ergebnis keine Freudensprünge.

Zum wiederholten Mal mussten die Essener milliardenschwere Wertberichtigungen im Anlagevermögen vornehmen, so dass unter dem Strich ein Verlust von 1,5 Mrd. Euro prangt. Mit „rund 1 Mrd. Euro“ entfällt das Gros der Wertkorrekturen erneut auf das Stahlsegment. Im Vorjahr war das Anlagevermögen der Sparte bereits um gut 2 Mrd. Euro abgewertet worden. In den Büchern steht die Sparte nur noch mit 2,4 Mrd. Euro. Derweil feilt der Segmentvorstand weiterhin am Businessplan. Im Unterschied zum Vorjahr bemüht sich seit Sommer ein neues Vorstandsteam darum, einen „tragfähigen und finanzierbaren Geschäftsplan“ aufzustellen.

Restrukturierung kostet Geld

Doch auch in anderen Segmenten lässt die seit Jahren beschworene Performanceverbesserung weiter auf sich warten, auch wenn man einräumen muss, dass die strukturellen und konjunkturellen Rahmenbedingungen für die Essener mit „herausfordernd“ nur unzulänglich beschrieben sind.

On top zu den Wertkorrekturen kommen jetzt Restrukturierungsprogramme. Diese kosten im ersten Schritt natürlich Geld. Im abgelaufenen Turnus belasteten die eingeleiteten Maßnahmen mit 270 Mill. Euro und betrafen die Segmente Material Services, Automotive Technology und Decarbon Technologies. Das dürfte jedoch erst der Anfang sein.

Subventionen helfen

Thyssenkrupp hält sich zugute, im zurückliegenden Geschäftsjahr einen weiteren Mittelabfluss verhindert zu haben. Doch diese Sicht trägt nicht sonderlich weit. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass der freie Cashflow nur positiv war, weil neben einer Vorauszahlung bei Marine Systems die Stahlsparte Subventionen für den Bau der Direktreduktionsanlage vereinnahmte. Die Restrukturierungen werden dagegen schon im neuen Turnus wieder zu einem Mittelabfluss vor M&A führen.

Dennoch erhalten die Aktionäre für den abgelaufenen Turnus eine unveränderte Dividende, gesponsert vom Steuerzahler. Das reichte an der Börse für einen Kurssprung – aus tiefem Tal kommend. Bis Thyssenkrupp wieder mit dem Wettbewerb mithalten kann, wird noch viel Zeit vergehen. Nicht ohne Grund werden die Mittelfristziele bestätigt, auf der Zeitschiene aber nach hinten geschoben. Bis Sankt Nimmerlein wird das nicht gutgehen, dafür ist die Bilanz nicht stark genug.

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