Wie viel kostet der Blackout?
Nach dem historischen Stromausfall in ganz Spanien am Montag kehrte am Tag darauf im Land wieder allmählich der Alltag ein, obwohl es weiterhin Störungen in den Telefonnetzen und im Verkehr gab. Die Ursachenforschung lief am Dienstag weiter. Der Stromnetzbetreiber Redeia schloss einen Cyberangriff inzwischen aus. Derweil begann man in Madrid, die wirtschaftlichen Folgen auszurechnen. Vereinfacht umgelegt auf das Bruttoinlandsprodukt würde ein Tag ohne Aktivität etwa 4,5 Mrd. Euro kosten. Die Summe wird jedoch darunter liegen, denn alles wurde schließlich nicht lahmgelegt. So servierten viele Restaurants und Bars bei Tageslicht kalte Speisen und zumindest lauwarme Getränke. Der Verband der Freiberufler ATA sprach von Einnahmeausfällen von 1,3 Mrd. Euro. Die Fleischindustrie bezifferte den Schaden auf 130 Mill. Euro.
Die Gerichte konnten ohne Strom am Montag keine Verhandlungen führen. Die Wettbewerbsaufsicht CNMC musste eine entscheidende Sitzung über die feindliche Übernahme von Banco Sabadell durch die Großbank BBVA absagen. An der Madrider Börse wurde am Dienstag besonders Inditex abgestraft, da die Modeläden von Zara und anderen Marken schließen mussten. Und natürlich der Netzbetreiber Redeia. Die großen Stromversorger schoben dem staatlich kontrollierten Ibex-Konzern die Schuld für den Blackout in die Schuhe. Ministerpräsident Pedro Sánchez will jedoch die Verantwortung der gesamten Branche von Brüssel prüfen lassen. Manche sehen in der Krise indes eine Chance. Holaluz, ein kleiner Versorger von Solarstrom, bot seinen Kunden in einer E-Mail mit dem Betreff „Schütze dich heute noch vor Stromausfällen“ Batteriesysteme zum Eigenkonsum an. Die Tesla Powerwall mit einer Autonomie von 48 Stunden gibt es für 12.999 Euro, den Speicher von Marstek schon für 3.999 Euro. Der bietet allerdings nur 20 Stunden lang Strom.
Solidarität von Nachbarstaaten
Spanien bekam in der Krise Unterstützung der Nachbarn Marokko und Frankreich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bot die Erfahrung seines leidgeprüften Landes mit russischen Cyberattacken an. Solidarität zeigte auch die Regierung von Gibraltar. Die umstrittene britische Kronkolonie an der Südspitze Spaniens hat ein komplett unabhängiges Stromnetz und war daher am Montag nicht betroffen. Der First Minister Fabián Picardo stellte die Krankenhäuser des Felsens für Notfälle bei der Versorgung von Patienten aus den umliegenden spanischen Gemeinden zur Verfügung.
Die Kliniken waren dank ihrer Notstromaggregate in Spanien weniger betroffen. Das galt auch für die großen Flughäfen. Laut Regierung mussten nur 344 von 6.000 geplanten Flüge storniert werden. Ganz im Gegensatz zum aufs Stromnetz angewiesenen Zugverkehr, der am Dienstag noch mit den flächendeckenden Ausfällen zu kämpfen hatte. Das Positive an dem Blackout war zweifellos das Verhalten der Bevölkerung: Plünderungen blieben aus. Die Menschen in Spanien nahmen es insgesamt relativ gelassen.