LEITARTIKEL

Zur Lage der Nation

Donald Trump hat in der vergangenen Nacht seine erste Rede zur Lage der Nation vor dem US-Kongress gehalten. Zur Sprache gekommen ist dabei wahrscheinlich auch wieder die Entwicklung des US-Aktienmarkts, die sich der US-Präsident gerne auf die...

Zur Lage der Nation

Donald Trump hat in der vergangenen Nacht seine erste Rede zur Lage der Nation vor dem US-Kongress gehalten. Zur Sprache gekommen ist dabei wahrscheinlich auch wieder die Entwicklung des US-Aktienmarkts, die sich der US-Präsident gerne auf die eigenen Fahnen schreibt. Hätte im November 2016 seine Widersacherin Hillary Clinton die Wahl gewonnen, würde der Aktienmarkt heute wohl 50 % unter dem Niveau von damals stehen, erklärte der US-Präsident vor wenigen Tagen im Brustton der Überzeugung auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Mit Trump im Weißen Haus hat der Dow Jones Industrial Index seit der Wahl dagegen fast 50 % zugelegt, und der breiter gefasste S & P 500 hat 2017 ein Plus von rund 25 % verzeichnet.Die mittlerweile verabschiedete Steuerreform und die Deregulierungsinitiativen der neuen US-Regierung stützen die Rekordjagd. Die US-Unternehmen profitieren unabhängig von Trump aber auch von einem synchronen Wachstum der Weltwirtschaft. Die Unternehmensgewinne im Schlussquartal sind in vielen Fällen zwar wenig aussagekräftig, weil die Steuerreform bei einem Großteil der Unternehmen für Einmaleffekte sorgt. Doch vier Fünftel der rund 120 Unternehmen aus dem S & P 500, die bis Ende vergangener Woche ihre Berichte vorgelegt hatten, haben mit ihrer Umsatzentwicklung im Schlussquartal für eine positive Überraschung gesorgt. Über die vergangenen fünf Jahre ist das nach Angaben des Informationsdienst Factset im Schnitt gut der Hälfte der Unternehmen gelungen.Die Überraschungen liegen durchschnittlich 1,1 % über den Erwartungen und sind damit fast doppelt so gut gelungen wie im Mittel der vergangenen fünf Jahre. Kurz vor der Halbzeit der Berichtssaison sind die US-Konzerne auf gutem Weg, das vierte Quartal 2011 zu übertreffen, in dem fast drei Viertel der Firmen aus dem Auswahlindex ganz oben in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung für eine positive Überraschung sorgten. Insgesamt dürfte der Umsatz der Unternehmen zum Jahresschluss 7 % zugelegt haben, während die US-Volkswirtschaft nach bisherigen Zahlen 2,6 % gewachsen ist. Ob die US-Berichtssaison am Ende als Erfolg gewertet wird, hängt allerdings von einer Branche ab, über die Donald Trump wahrscheinlich auch vor dem Kongress eher wenig gesagt hat.Mit den Unternehmen aus dem Silicon Valley kann der US-Präsident schon deshalb wenig anfangen, weil sich ihre Chefs 2016 in vielen Fällen sogar explizit für seine Widersacherin ausgesprochen haben. Innerhalb des S & P 500 machen Technologiefirmen mittlerweile allerdings fast ein Fünftel der gesamten Marktkapitalisierung aus. Mit Apple, Microsoft, Amazon und Facebook stehen gleich vier Technologiekonzerne an der Spitze der Unternehmen mit dem größten Gewicht im Auswahlindex. Die Aktiengattungen C und A von Alphabet folgen auf den Plätzen 9 und 10, würden gemeinsam aber Rang 2 einnehmen.Wie es um die Nation wirklich steht, wird sich jedenfalls mit Blick auf den Aktienmarkt deshalb erst heute Nacht und in der Nacht auf Freitag herausstellen, wenn zunächst das soziale Netzwerk Facebook sowie der Softwarekonzern Microsoft ihre Zahlen präsentieren und dann der Internetkonzern Alphabet, der Online-Händler Amazon sowie der Elektronikkonzern Apple nachziehen. Mit Ausnahme von Apple, bei der sich zuletzt die Sorgen um den Erfolg des neuesten Smartphones im Weihnachtsgeschäft mehrten, dürften die hohen Wachstumserwartungen erneut übertroffen werden. Unter dem Strich wird aber auch hier die Steuerreform den Ausschlag geben, die die Branche gleich mehrfach trifft.Apple hat bereits angekündigt, einmalig 38 Mrd. Dollar auf die im Ausland geparkten Gewinne abzuführen, auf die im Zuge der Steuerreform zwischen 8 und 15,5 % Steuern erhoben werden. IBM hat für 2018 eine effektive Steuerquote von 18 % in Aussicht gestellt, nachdem der Konzern zuletzt bei 12 % angelangt war, und dürfte damit die Richtung für die gesamte Branche angezeigt haben. Zinszahlungen auf langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 566 Mrd. Dollar, die die Technologiekonzerne aus dem S & P 500 angehäuft haben, können nur noch eingeschränkt abgeschrieben werden. Weil die Branche ein Vielfaches dieser Verbindlichkeiten Cash im Ausland liegen hat, warten Analysten über einen möglichen Schuldenabbau hinaus auf Hinweise zur Verwendung dieser Mittel. Trump hat schon in den Tagen vor seinem Auftritt im Kongress frohlockt, dass ein Teil davon nach der Steuerreform repatriiert und in Arbeitsplätze in den USA investiert wird.——–Von Stefan ParaviciniNach dem US-Präsidenten in seiner Rede zur Lage der Nation bekennen die fünf wichtigsten Unternehmen aus dem S & P 500 Farbe in der US-Berichtssaison.——-