StaRUG-Evaluierung in der Warteschleife
An StaRUG-Sanierungen
scheiden sich die Geister
Aktionärsschützer hadern mit dem Verfahren. Dessen frisch angelaufene Evaluierung ist ins Stocken geraten.
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
Was hat sich bewährt, was kann man verbessern? Vier Jahre, nachdem Anfang 2021 das „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)“ in Kraft getreten ist, sollte dies eine Evaluierung klären. Das Bewertungsverfahren sollte primär intern im Justizministerium laufen und Marktteilnehmer über Stellungnahmen Einfluss nehmen. Erste Themen aus der Praxis seien für die Evaluation schon gesetzt, sagt Dorothee Prosteder, Partnerin bei Noerr und Vorstandsvorsitzende des Restrukturiererverbands TMA Deutschland. Dann jedoch kam der Bruch der Koalition. „Wie sich das auf die StaRUG-Evaluierung auswirkt, ist nun offen", sagt TMA-Vorstandsmitglied Frank Grell, Partner bei Latham & Watkins.
Aktionärsschützer haben Gesprächsbedarf
Dabei gibt es durchaus Diskussionsbedarf, etwa über ein Bezugsrecht für Minderheitsaktionäre bei Kapitalmaßnahmen im Rahmen einer StaRUG-Sanierung. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) kritisieren das Verfahren heftig, weil die Sanierungspläne bei den Restrukturierungen von Leoni und Varta für Kleinaktionäre den Totalverlust bedeuten. Im Fall Varta hat die SdK sogar Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
Im StaRUG können sich Banken und einzelne Investoren auch gegen den Widerstand von Kleinaktionären auf Kapitalschnitte und anschließende Kapitalerhöhungen einigen. Deren Investments werden dann wertlos. „Die Debatte um ein Bezugsrecht für Minderheitsaktionäre steht bei der Evaluierung des StaRUG definitiv auf der Agenda“, sagt Prosteder. Die in der TMA vertretenen Restrukturierungsexperten seien sich jedoch einig, dass es im StaRUG keine Sonderregelung für den Bezugsrechteausschluss brauche. Der bestehende Minderheitenschutz sei ausgewogen und ausreichend.
Streitfälle im StaRUG
Detlef Specovius, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei Schultze & Braun, kann den Unmut mancher Kleinanleger über das StaRUG nachvollziehen. „Ich könnte mir eine Regelung vorstellen, die Aktionären unter Nachweis der Finanzkraft innerhalb einer kurzen Frist ermöglicht, sich an Kapitalmaßnahmen im StaRUG zu beteiligen“, sagt er. Eine Bewertung des Verfahrens nach vier Jahren im Praxiseinsatz würde er begrüßen. Die Zeitschiene dafür sei jedoch wegen der anstehenden Neuwahlen offen. „Die Evaluierung war angelaufen, jetzt liegt sie auf Eis.“
Auch die Möglichkeit, im StaRUG-Verfahren unvorteilhafte Verträge leichter beenden zu können, dürfte bei einer Evaluierung für Diskussionen sorgen. In der Regelinsolvenz ist dies möglich, im StaRUG schaffte es der Passus nach Druck der Autolobby und von Insolvenzverwaltern nicht ins Gesetz. „Ich hätte im StaRUG gern die Möglichkeit, in Verträge einzugreifen, um den Sanierungsspielraum außerhalb der Insolvenz zu erweitern“, sagt Frank Schäffler, Partner bei Grub Brugger. Doch um dies voranzutreiben, müsste die Evaluierung unter der nächsten Regierung auf der politischen Agenda bleiben. „Andernfalls droht die StaRUG-Bewertung ins Hintertreffen zu geraten.“
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