Im GesprächAebi-Schmidt-CEO Barend Fruithof

Für den Aebi-Chef passt die Fusion mit Shyft „wie Stecker und Steckdose“

In Zeiten verstärkter Polarisierung nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump setzen die Fahrzeugbauer Aebi Schmidt aus der Schweiz und Shyft aus den USA auf ein Fusionsprojekt. Was sich Aebi-Chef Barend Fruithof davon verspricht.

Für den Aebi-Chef passt die Fusion mit Shyft „wie Stecker und Steckdose“

Im Gespräch: Barend Fruithof

„Das passt wie Stecker und Steckdose“

Der CEO des Fahrzeugherstellers Aebi Schmidt zur Übernahme des Konkurrenten Shyft und den Auswirkungen des Listings an der US-Börse Nasdaq

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der Fahrzeughersteller Aebi Schmidt schließt sich über einen Aktientausch mit dem US-Unternehmen Shyft Group zusammen und kommt auf diesem Weg an die amerikanische Technologiebörse Nasdaq. Es entsteht ein Unternehmen mit 2 Mrd. Dollar Umsatz im vergangenen Jahr und rund 200 Mill. Dollar adjustiertem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) einschließlich Synergien. Die neue Firma verfügt weltweit über 70 Standorte, davon 40 in den USA.

Durch die Regierungsübernahme des seit wenigen Wochen amtierenden US-Präsidenten Donald Trump erhält der Mitte Dezember festgezurrte Zusammenschluss auch eine politische Note. „Unsere Fusion zeigt, dass die transatlantischen Beziehungen funktionieren“, sagt Aebi-Schmidt-CEO Barend Fruithof, der auch den gemeinsamen Konzern leiten wird. Sie stellt eine Art Gegenpol zur aktuellen politischen Situation mit verstärkter Polarisierung und drohenden Handelsschranken dar. Von den Zollrisiken seien Aebi/Shyft dank ihrer Produktionsstandorte in den USA nur „minimalst“ betroffen.

Schaltzentrale bleibt in der Schweiz

Der Hauptsitz und damit die Schaltzentrale des fusionierten Unternehmens bleibt in Frauenfeld in der Schweiz. „Ohne den hätten wir den Zusammenschluss nicht gemacht“, stellt Fruithof, der seit März 2017 an der Spitze des Aebi-Schmidt-Managements steht, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung klar. Die Aebi-Anteilseigner werden mit 52% die Mehrheit am neuen Konzern halten.

Winterdienstfahrzeug auf Vorführfahrt: Aebi Schmidt sorgt für schneefreie Start- und Landebahnen. picture alliance/dpa | Marijan Murat

Darüber hinaus stellt Aebi Schmidt mit sechs von elf Mitgliedern die Mehrheit im Verwaltungsrat. Die Leitung dieses Gremiums soll Shyft-Chairman James Sharman übernehmen, während Fruithof als Vizepräsident amtiert. Größte Aktionäre der MergerCo sind der Schweizer Unternehmer Peter Spuhler mit 35% und der Investor Gero Büttiker mit 13%. Sie sind die bisherigen Haupteigner von Aebi Schmidt. Den Streubesitz stellen die jetzigen Shyft-Aktionäre, die 48% an dem neuen Konzern halten. Spuhler hatte Aebi im Jahr 2006 übernommen und 2007 mit der süddeutschen Schmidt fusioniert.

Multikulturelle Firma

Der gelernte Landwirt Fruithof, der im Bankgeschäft Karriere machte und jahrelang das Firmenkundengeschäft von Credit Suisse leitete, sieht Aebi Schmidt als multikulturelle Firma, die je die Hälfte ihres Umsatzes in Europa und den USA erzielt. Die kulturellen Herausforderungen des US-Börsengangs und der Fusion mit einem Nasdaq-Unternehmen hält der 1967 geborene Manager für eher gering. Aebi Schmidt sei zwar ein Familienunternehmen, werde aber wie eine gelistete Company geführt. „Alle üblichen Prozesse einer guten Corporate Governance haben wir installiert“, versichert Fruithof. Es gebe einen Prüfungsausschuss, als Abschlussprüfer sei mit PwC „eine professionelle Audit-Firma“ an Bord.

Umstellung auf US-Gaap

Die Geschäftsleitung sei international besetzt: „Ich bin der einzige mit Schweizer Pass.“ Auf dem US-Markt sei Aebi Schmidt seit langem zu Hause und habe dort auch Erfahrung mit Übernahmen.

So kauften die Schweizer im November 2021 den im Bundesstaat Wisconsin ansässigen Ausrüstungshersteller Monroe Truck Equipment, für den übrigens Shyft ebenfalls geboten hatte. Auch mit den Besonderheiten des US-Rechtssystems sei man vertraut. In der Bilanzierung steht das Unternehmen allerdings vor einem Kraftakt, denn die Rechnungslegung muss von Swiss Gaap in US-Gaap transferiert werden.

Marktzugang in Europa

Das Unternehmen stellt Schnee- und Eisräumfahrzeuge, Straßenkehrmaschinen, gewerbliche Lkw und Anhänger und Fahrzeuge für die Landwirtschaft her. Kunden sind vor allem öffentliche Einrichtungen, Flughäfen und Kommunen. „Die beiden Unternehmen sind höchst komplementär“, versichert der CEO. „Die Überschneidungen sind minimal. Das passt wie Stecker und Steckdose.“ Shyft erhält durch den Zusammenschluss einen besseren Marktzugang in Europa. Mit der Umsatzverdoppelung auf 2 Mrd. Dollar rückt der Konzern in der Rangliste der führenden Hersteller von Spezialfahrzeugen auf Platz 3 vor, hinter der REV Group aus den USA und dem Kran- und Hebetechnikspezialisten Palfinger aus Österreich.

Der CEO geht fest davon aus, dass die Shyft-Aktionäre den Deal absegnen werden. Sein Argument: „Die Fusion kann viel Wert für Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter schaffen. Sie bietet hohe Synergien. Und es entsteht eine einmalige Balance zwischen Nordamerika und Europa.“ Erforderlich ist eine Umtauschquote von 50% plus 1 Aktie. Der Abschluss des Deals wird für Mitte 2025 erwartet. Die Höhe der Synergien veranschlagen die Beteiligten auf 25 Mill. bis 30 Mill. Dollar im Jahr – bezogen auf das bereinigte Ebitda.

Dividende steuerfrei

Sie gehen auf Kosteneinsparungen, Effizienzvorteile, Cross-Selling und geografische Expansion zurück. Ein Vorteil für Aktionäre ist, dass sie die Dividende steuerfrei vereinnahmen können. Die Shyft-Aktie, die sich im November 2021 noch über 50 Dollar bewegte, hat allerdings eine Talfahrt hinter sich und notiert nach längerer Stabilisierungsphase aktuell bei 12 Dollar. Auf dieser Basis kommt der fusionierte Konzern auf 850 Mill. Dollar Börsenwert.

Sicherheitsprodukte

Trotz der Wettereinflüsse beschreibt Fruithof das Geschäft als „relativ unzyklisch“. Denn der Verkauf der Winterprodukte hänge nicht von Schneemengen und -häufigkeit ab. „Es handelt sich eher um Sicherheitsprodukte. Selbst die Flughäfen in Madrid und Athen, wo Schnee und Eis kaum vorkommen, kaufen unsere Fahrzeuge.“ Das nach den USA größte Produktionsland ist Deutschland, wo Aebi in St. Blasien ein großes Werk betreibt. Dort arbeiten 500 der 3.000 Beschäftigten.

In Zeiten zunehmender Polarisierung setzen die Fahrzeugbauer Aebi Schmidt aus der Schweiz und Shyft aus den USA ein Signal der Zusammenarbeit. „Unsere Fusion zeigt, dass die transatlantischen Beziehungen funktionieren“, meint Aebi-Chef Barend Fruithof.

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