Volocopter soll von Chinesen übernommen werden
Ein chinesischer Konzern soll Kreisen zufolge an der Übernahme des Flugtaxi-Startups Volocopter interessiert sein. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge befindet sich der chinesische Mischkonzern Geely in fortgeschrittenen Gesprächen, um die Kontrolle über das Unternehmen in Bruchsal bei Karlsruhe zu übernehmen. Das Flugtaxi-Startup könnte so vor der drohenden Insolvenz bewahrt werden, hieß es. Volocopter wollte sich dazu nicht inhaltlich äußern.
Volocopter nennt keine Namen
Aufgrund laufender Finanzierungs- und Vertragsverpflichtungen werde man weder Namen von Investoren nennen noch Prognosen für die Zukunft geben, hieß es auf Nachfrage. Als privat finanziertes Unternehmen prüfe man strategisch mehrere Finanzierungsmöglichkeiten. Das badische Unternehmen will die aktuelle Finanzierungssituation veröffentlichen, „wenn wir dazu bereit sind“. Volocopter habe einen breit gefächerten Investorenpool, und Geely sei seit 2019 Anteilseigner und Partner, zusammen mit anderen Unternehmen aus der Automobil-, Luftfahrt- oder Technologiebranche.
Die Zhejiang Geely Holding hat Bloomberg zufolge eine Mehrheitsbeteiligung an Volocopter durch die Leitung eines Konsortiums diskutiert, das dem Unternehmen frisches Kapital zuführen würde. Die Finanzierungsrunde werde sich auf umgerechnet etwa 90 Mill. Euro belaufen - im Austausch für eine Beteiligung von etwa 85 %. Die Geely-Gruppe arbeite derzeit an der Due-Diligence-Prüfung und wolle diese im nächsten Monat abschließen. Volocopter habe auch Gespräche mit anderen potenziellen Bietern geführt. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.
Hierzulande keine Höhenflüge von Flugtaxi
Die Flugtaxi-Branche stand nicht zuletzt nach Äußerungen der CSU-Politikerin Dorothee Bär vor einigen Jahren im Fokus der Öffentlichkeit. Doch so richtig zum Laufen kommt der Industriezweig mit den elektrisch betriebenen sowie senkrecht startenden und landenden Fluggeräten in Deutschland nicht.
Volocopter hat in der Vergangenheit immer wieder nach finanzieller Unterstützung gesucht. Staatliche Hilfe aus Baden-Württemberg und Bayern, die im Laufe des Jahres samt Wechsel des Hauptsitzes in den Freistaat im Gespräch war, blieb aus. Zuletzt war es um je 50 Millionen Euro vom Bund und Bayern gegangen. Das Geld kam am Ende von Investoren. Volocopter beschäftigt allein in Bruchsal nach früheren Angaben knapp 650 Mitarbeitende.
Volocopter beklagt mangelnde Hilfe
Der im kommenden Frühjahr ausscheidende Chef Dirk Hoke hatte die Politik kritisiert und ihr mangelnde Unterstützung vorgeworfen: „Natürlich richtet man in einer derart technologisch komplexen und kapitalintensiven Branche wie unserer auch den Blick in Richtung des Staates“, sagte er dem Magazin „Capital“.
Zwar baut Volocopter die Flugtaxis und darf inzwischen auch Piloten ausbilden, es fehlt aber eine Musterzulassung für den kommerziellen Passagierbetrieb. Eigentlich hatte die Firma anlässlich der Olympischen Spiele drei Verbindungs- und zwei touristische Rundflugrouten in Paris anbieten wollen. Am Ende blieb es bei Show-Flügen, die das Unternehmen medienwirksam unter anderem in der Nähe von Schloss Versailles durchführte.
Studie relativiert Vorteile von Flugtaxi
Auch beim Elektroflugzeug-Pionier Lilium aus Bayern läuft es nicht besser: Das Unternehmen mit rund 1.000 Beschäftigten hat vor Kurzem ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angemeldet. Lilium-Chef Klaus Roewe hofft, dass „die Chance auf einen Neuanfang erhält“. Die Grünen in der Ampel-Koalition hatten eine Bürgschaft des Bundes für die Hälfte eines 100-Millionen-Euro-Kredits für Lilium im Oktober abgelehnt.
Ungeachtet des Hypes um die Flugtaxis schneiden diese laut einer Studie deutlich schlechter ab als ihr Ruf. Wie eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen ergab, verkürzen sich Reisezeiten kaum, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen steigen. „Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein.“