Dax stabilisiert sich dank Erholung an der Wall Street
Der Dax hat sich dank des Rückenwindes von der Wall Street stabilisiert. Der deutsche Leitindex stieg bis zum Donnerstagmittag um 0,25% auf 13.060,52 Punkte. Geschockt von der hartnäckigen US-Inflation war das Börsenbarometer zuletzt in zwei Tagen um bis zu 4,5% von seinem Erholungshoch bei 13.564 Punkten im Bereich der 100-Tage-Linie abgesackt. Diese beschreibt die langfristigste Entwicklung.
Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 0,33% auf 24.717,04 Punkte nach unten. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 trat nahezu auf der Stelle.
An der Wall Street hatte sich der Dow Jones Industrial am Mittwoch nach einem Tief seit Mitte Juli fangen können und war ins Plus gedreht. Besonders deutlich erholten sich Technologiewerte an der Börse Nasdaq. Am Donnerstag deuten sich nun weitere Gewinne an.
Nach dem unerwartet deutlichen Preisauftrieb für die Verbraucher habe die Abschwächung auf Herstellerebene am Vortag geholfen, die Gemüter wieder etwas zu beruhigen, hieß es bei der Schweizer Investmentbank Credit Suisse. In den USA hatte sich der Preisauftrieb auf Herstellerebene stärker als erwartet abgeschwächt, wie gestern bekannt wurde.
Dem aktuellen Bernecker-Börsenbrief „Bernecker-Daily“ zufolge geht „der Kampf um die Stabilisierung der Märkte gegen die Ängste einer deutlichen Zinsanhebung“ weiter. 30% aller Akteure in New York setzten bei der nächsten Zinssitzung der US-Notenbank am Mittwoch auf einen Zinsschritt von 1 Prozentpunkt. Das habe es ganz selten gegeben.
Banken im Plus, Kion im Tiefflug
Hierzulande könnte etwas Entspannung in Sachen Inflation von dem im August leicht abgeschwächten Anstieg der Großhandelspreise kommen, schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Handelshaus Robomarkets. Das Plus liege im Jahresvergleich allerdings immer noch bei knapp 19%. Gerade bei Produkten, die mit hohem Energieaufwand gefertigt werden, wie zum Beispiel Chemikalien, stiegen die Preise weiter. Aber auch Lebensmittel sahen Molnar zufolge eine hohe Teuerungsrate. Der Preisdruck auf die Endverbraucher dürfte also noch ein paar Wochen und Monate anhalten.
Vor diesem Hintergrund waren europaweit und auch hierzulande Bankaktien gefragt, denn höhere Zinsen verbessern in der Regel die Ertragschancen der Finanzinstitute. So gewannen die Papiere der Deutschen Bank an der Dax-Spitze gut 2%. Im MDax hatten die Anteilsscheine der Commerzbank mit einem Plus von zweieinhalb Prozent die Nase vorn.
Analystin Magdalena Stoklosa von der US-Bank Morgan Stanley hält derweil den positiven Zinseffekt auf die Bankenbranche für noch nicht angemessen in den Kursen gewürdigt. Trotz der ebenfalls stützenden Ankündigung von Fiskalmaßnahmen in Europa sei die Sektorbewertung günstig.
Unter den schwächsten Werten im MDax verloren die Papiere von Kion nach ihrem Kurseinbruch in Höhe von knapp 30% zur Wochenmitte nun 4,5%. Zwischenzeitlich waren sie auf ein Rekordtief abgesackt. Der Gabelstapler-Hersteller hatte am Mittwoch seinen Geschäftsausblick drastisch gesenkt.
Der Dax hat sich am Donnerstag nach den jüngsten Kursverlusten oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von 13.000 Punkten stabilisiert. Der deutsche Leitindex notierte kurz nach Handelsbeginn 0,4% höher bei 13.083 Punkten. „Die weiter unerwartet hohe US-Inflation sitzt den Börsianern aber unverändert im Nacken“, sagen die Strategen von Raiffeisen Research. Die August-Teuerungsrate hatte sich in den USA nicht so stark abgeschwächt wie von Börsianern erwartet, was die Spekulationen auf weitere aggressive Zinserhöhungen der Notenbank Fed angeheizt hatte.
Ein Entspannungssignal kam am Morgen immerhin von der deutschen Preisstatistik: Der starke Preisauftrieb im deutschen Großhandel hat sich erneut etwas abgeschwächt. Im August erhöhten sich die Großhandelspreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 18,9%, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Es ist bereits der vierte Monat in Folge mit leicht rückläufigen Preissteigerungen. Im April hatte der Anstieg mit 23,8% einen 60-jährigen Höchststand markiert.
Wichtige Impulse für die Richtungssuche an den Märkten dürften die US-Einzelhandelsumsätze am Nachmittag liefern. Experten rechnen für August mit einer Stagnation. Die Kauflaune der US-Verbraucher gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.
Bei den Einzelwerten zählten Auto- und Finanzwerte zu den Favoriten der Anleger. Mehr als 5% abwärts ging es hingegen für Delivery Hero. Ein Händler verwies auf eine Mitteilung des Essenslieferdienstes, wonach Konzernchef Niklas Östberg und der Chief Operating Officer Pieter-Jan Vandepitte eigene Aktien verkauft hätten. „Das ist ein negatives Signal“, sagte der Börsianer.
Gaspreise steigen weiter
Die Gaspreise steigen erneut. Der europäische Future zog um sechs Prozent auf 229 Euro je Megawattstunde an. Bereits am Mittwoch hatten sich die Preise kräftig nach oben bewegt, was Marktteilnehmer unter anderem mit dem Ringen innerhalb der EU um einen Preisdeckel für russisches Erdgas begründet hatten.