Dax zieht kräftig an und dämmt so Wochenverlust ein
Zum Ende einer schwachen Woche hat sich der Dax am Freitag sichtbar stabilisiert. Gegen Mittag verzeichnete der deutsche Leitindex ein Plus von 1,45% auf 12.700,62 Punkte, womit er seinen Wochenverlust auf knapp 2,5% eindämmte.
„Auf den Ausverkauf folgt auch diesmal der Erholungsversuch“, kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. Der MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen legte am Freitag um 1,11% auf 25.282,24 Punkte zu und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann 0,88% auf 3.426,59 Zähler.
Laut Altmann sind es „zum einen die klassischen Schnäppchenjäger, die auf dem aktuellen Kursniveau günstige Einstiegschancen wittern“. Dazu kämen „Erleichterungskäufe, weil Mario Draghi nach der Ablehnung seines Rücktrittsgesuchs auch heute Morgen noch italienischer Premierminister ist“. Dass die chinesische Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal erstmals seit dem Auftaktquartal 2020 wieder gesunken sei, sei indes „ein bewusster Wirtschaftsrückgang, den die chinesische Führung im Rahmen ihrer Zero-Covid-Strategie in Kauf nimmt“.
Am Nachmittag steht noch ein Schwung von US-Konjunkturdaten auf der Agenda – der Fokus liegt vor allem auf dem für die weltgrößte Volkswirtschaft wichtigen Einzelhandelsumsatz. Auch Daten zu den Export- und Importpreisen könnten angesichts der weiter hohen Inflation auf Interesse stoßen. Zudem legt eine Reihe weiterer US-Banken Quartalszahlen vor, darunter die Citigroup und Wells Fargo. Am Vortag hatten enttäuschende Zahlen der Branchenvertreter J.P. Morgan und Morgan Stanley den Dax belastet.
Börsianer wetten mittlerweile darauf, dass die Fed im Kampf gegen die Inflation die Zinsen diesen Monat um einen vollen Prozentpunkt anheben könnte. Die Fed-Mitglieder Christopher Waller und James Bullard nahmen jedoch etwas Wind aus den Segeln und betonten, dass sie eine Bewegung um 75 Basispunkte bevorzugen würden. Dies habe an den US-Börsen für Erleichterung gesorgt und auch die Ölpreise gestützt, sagten Börsianer.
Am deutschen Aktienmarkt standen vor dem Wochenende die Prognosesenkung der Software AG für eine wichtige Sparte sowie Geschäftszahlen von Drägerwerk im Mittelpunkt.
Die Aktien der Software AG verloren am MDax-Ende fast 3% auf 25,48 Euro – damit setzten sie ihre jüngste Talfahrt fort und rutschten auf den niedrigsten Stand seit dem Frühjahr 2020. Der Konzern senkte sein Jahresziel für den Auftragseingang in der Digitalisierungssparte. Nach der schwächer als erwarteten Entwicklung im zweiten Quartal gebe es erste Anzeichen dafür, dass Kunden ihre Entscheidungen aufgrund des sich verändernden wirtschaftlichen Umfelds verzögerten, hieß es zur Begründung. Analyst Knut Woller von der Baader Bank zeigte sich überrascht von dieser Begründung. Berichte anderer Unternehmen hätten bislang darauf hingedeutet, dass sich die Softwareausgaben im zweiten Quartal gut entwickelt hätten. Es sei daher nicht auszuschließen, dass bei der Software AG auch interne Gründe eine Rolle gespielt hätten.
Drägerwerk-Titel sackten um rund 2,5% ab, nachdem der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern über einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang berichtet, aber den Ausblick bestätigt hatte. Das im Nebenwerte-Index SDax gelistete Unternehmen habe „ein weiteres Horror-Quartal“ hinter sich, schrieb ein Händler. Die zur Jahresmitte deutlich negative operative Ergebnismarge (Ebit) werfe die Frage auf, „wie es Drägerwerk schaffen will, am Jahresende profitabel zu sein“. Denn die Jahresziele bekräftigte das Unternehmen – inklusive eines leicht positiven Ergebnisses vor Zinsen und Steuern.
Uniper-Aktien stark gefragt
Außerhalb der wichtigen deutschen Indizes verbilligten sich die Anteilsscheine von Hapag Lloyd um fast 6%, nachdem die US-Investmentbank Morgan Stanley sie abgestuft hatte und nun zur Untergewichtung rät. Derweil sprangen die schon zuletzt stabilisierten Aktien von Uniper an der MDax-Spitze um gut 9% auf 9,65 Euro hoch. Der angeschlagene Energieversorger profitierte davon, dass die US-Investmentbank Goldman Sachs ihre Verkaufsempfehlung strich und die Titel nun mit „Neutral“ empfiehlt. Analyst Alberto Gandolfi halbierte zwar gleichzeitig das Kursziel auf 10 Euro, liegt damit aber immer noch über der aktuellen Bewertung. Seit Jahresbeginn habe die Aktie rund 80 % verloren, und nun könne Uniper auf baldige staatliche Hilfe sowie die Erlaubnis zur Weitergabe der gestiegenen Gaspreise hoffen. Allerdings gibt es laut dem finnischen Mutterkonzern Fortum in den Gesprächen über Staatshilfen noch keine Einigung.
Die Aktien der Autobauer und -zulieferer führten die Erholungsbewegung an den europäischen Märkten an: Der Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 zog um über 2,5% an – vor anderthalb Wochen hatte er noch den tiefsten Stand seit November 2020 markiert.
Im Dax behaupteten die Vorzugsaktien von Volkswagen (VW) nach Absatzzahlen für den Mai mit plus 3,3% ihre Gewinne. Die Wolfsburger scheinen sich allmählich aus der Absatzkrise durch fehlende Mikrochips und Corona-Probleme im wichtigsten Markt China herauszuarbeiten und peilen dort eine rasche Erholung an. Im Juni gingen die weltweiten Auslieferungszahlen gegenüber dem Vorjahr um 6,3% zurück – einen Monat zuvor hatte der Rückgang noch 23,5% betragen. Deutliche Kursgewinne schafften auch die Konkurrenten Mercedes Benz und BMW, der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck und Continental sowie weitere Zulieferer.