Notenbanken werden für Aktien zum Kurstreiber
Nach dem schwungvollen Oktober-Beginn setzt der Dax am Dienstag seinen jüngsten Aufwärtstrend eindrucksvoll fort. Gegen Mittag legte der deutsche Leitindex um 2,62% auf 12.529,52 Punkte zu. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen zog um 2,44% auf 23.223,39 Punkte an. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann 2,9%. Die Hoffnung auf eine etwas weniger harte Geldpolitik der Notenbanken ist am zweiten Handelstag der Woche einer der Haupttreiber.
In der Vorwoche war der Dax noch mit 11.862 Punkten auf den tiefsten Stand seit November 2020 gefallen. Auf überverkauftem Niveau hatten jüngst viele Börsianer auf eine nahe Stabilisierung hingewiesen.
Die US-Indizes, die am Vortag ebenfalls stark in den Oktober gestartet waren, geben das Erholungstempo mit vor. Nach dem schwächsten September der vergangenen zwanzig Jahre hätten vor allem enttäuschende Stimmungsdaten aus der US-Industrie geholfen, hieß es bei den Experten der Credit Suisse. Dieser Dämpfer habe die Sorgen davor gemildert, dass die US-Notenbank Fed in der Geldpolitik die Zügel noch weiter anzieht.
Nimmt die Fed den Fuß vom Gaspedal?
Notenbanken könnten generell bei nachlassendem Wirtschaftsschwung die Geldpolitik nicht mehr ganz so straff gestalten wie zuletzt, zum Vorteil für die Aktienmärkte, hieß es unter Marktbeobachtern.
„Am deutschen Aktienmarkt dominiert die Hoffnung, dass die US-Notenbank Fed schon bald ihren Fuß vom Gaspedal im derzeitigen Zinserhöhungszyklus nehmen könnte, um die US-Wirtschaft vor einem Kollaps zu bewahren“, schrieb Analyst Timo Emden von Emden Research. „Die Zinssenkungsfantasien locken vermehrt Preisjäger an, welche angesichts einer zusehends überverkauften Marktlage ihr Schnäppchen schlagen wollen.“ In dieses Bild passte am Morgen eine weniger deutliche Leitzinsanhebung in Australien als gedacht. An der Börse in Sydney feierten dies die Anleger mit hohen Kurszuwächsen.
Ein weiterer Stimmungsaufheller war die Kehrtwende der neuen britischen Regierung bei ihren Steuersenkungsplänen. Nach massivem Druck verzichtet sie auf die Abschaffung des Spitzensteuersatzes. „Auf die britische Haushaltslage insgesamt wird das aber keinen großen Einfluss haben“, warf John Briggs, Chef-Anlagestratege der Bank NatWest, ein. Allerdings werteten Investoren die Entscheidung als Hinweis, dass die Regierung ihre Pläne zumindest teilweise ändern werde.
Chip- und Sport-Werte führen Gewinner an
Chipwerte präsentierten sich fest. Infineon gewannen unter den Top-Werten im Dax 4,6%. In Asien bereits waren Techwerte sehr gefragt. Die Hoffnung auf etwas weniger Druck seitens der Notenbank trieb den zinssensiblen Sektor an. Adidas und Puma SE erholten sich mit Kursgewinnen von jeweils an die 5% von ihren jüngsten Verlusten im Zuge der enttäuschenden Quartalszahlen von Nike.
RWE ließen es nach ihrem deutlichen Vortagesgewinn nun etwas ruhiger angehen. Mit plus 1,3% pendelten sie um die 200-Tage-Linie, die als Indikator für den längerfristigen Trend gilt. Der Energieversorger teilte nun mit, den Kohleausstieg um acht Jahre auf das Jahr 2030 vorzuziehen. Zugleich sollen zwei Kraftwerksblöcke, die nach derzeitiger Rechtslage Ende des Jahres stillgelegt werden sollten, bis ins Frühjahr 2024 weiterlaufen.
Rheinmetall verloren 5,3%. Börsianer führten dies auf Meldungen australischer Zeitungen zurück, wonach sich die Entscheidung zwischen dem Luchs-Spähpanzer und dem koreanischen Konkurrenten Redback im Rahmen des Rüstungsprogramms „Land 400 Phase 3“ verzögert. Im Auftragsziel von Rheinmetall für 2022 sei wohl ein ordentlicher Posten aus Australien enthalten, hieß es am Markt.
Medienwerte hinkten dem starken Markt ebenfalls hinterher. ProSiebenSat.1 traten nach der überraschenden Ankündigung eines Wechsels an der Führungsspitze prozentual quasi auf der Stelle wie auch die Aktien der RTL Group. Hier stieß die Nachricht, dass das Unternehmen seine Anteile am französischen TV-Branchenkollegen M6 nicht verkaufen wird, auf wenig Begeisterung.