Ökonomen sehen im Programm der Union Licht und Schatten
Die Parteichefs von CDU und CSU, Kanzlerkandidat Achim Laschet und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, haben am Montagmittag das Programm der Schwesterparteien zur Bundestagswahl vorgestellt. Wichtiger als der Inhalt ist nach dem unionsinternen Machtkampf um die Spitzenkandidatur im Frühjahr nach Einschätzung von Beobachtern die Geschlossenheit, mit der das Programm nun beschlossen wurde. Bei Ökonomen stößt der Entwurf für das Programm auf ein geteiltes Echo. Besonders hart ins Gericht mit den Vorhaben der Union geht der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. „Die Grundidee des CDU/CSU-Wirtschaftsprogramms ist die Umverteilung von unten nach oben in der Hoffnung, dass Spitzenverdiener und Unternehmen dieses zusätzliche Geld klug investieren, damit Innovation gefördert, gute Arbeitsplätze gesichert und Fortschritt beim Klimawandel gemacht wird“, sagte Fratzscher am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. „Die letzten 30 Jahre des Neoliberalismus haben jedoch überall in der Welt gezeigt, dass dieses Modell gescheitert ist.“
Auch in Deutschland seien Unternehmen und Spitzenverdiener in den vergangenen 30 Jahren finanziell deutlich entlastet, die privaten Investitionen jedoch schwach und die wichtigen Herausforderungen unbewältigt geblieben. Zudem sei das Programm nicht finanzierbar, „denn es sieht eine Entlastung der Spitzenverdiener und Unternehmen um 50 Mrd. Euro jährlich vor, schließt jedoch Steuererhöhungen kategorisch aus“. Licht und Schatten sieht der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr. „Ich glaube auch, dass aktuell nicht die Zeit für Steuererhöhungen ist“, sagte der Ökonom. „Die Absenkung der Unternehmensbesteuerung auf 25 Prozent und die Abschaffung des Soli für alle scheinen mir aber weniger dringend als vor der Krise, auch weil der internationale Steuerwettbewerb wegen der Mindestbesteuerung kleiner werden könnte.“
Gut sei der erkennbare Wille, die deutsche Verwaltung zu modernisieren. „Das ist der Flaschenhals der letzten Jahre gewesen und eine echte Gefährdung der Zukunftsfähigkeit“, sagte Felbermayr. Auch das Bekenntnis zum CO2-Preis und zum Emissionshandel sei erfreulich. Insgesamt sei aber sehr unklar, wie die Union ihre Vorhaben finanzieren wolle. Das findet auch Jens Südekum, der Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf lehrt. „Im Programm finden sich neben den versprochenen Steuersenkungen viele weitere Versprechungen für finanzwirksame Ausgaben“, sagte er. „Unklar ist, wie das alles finanziert werden soll. Mit einer schnellen Rückkehr zur Schuldenbremse passt das jedenfalls nicht zusammen.“ Er erwarte, dass sich die Union nach der Wahl offen zeigen werde für kreative Finanzierungslösungen wie unabhängige Investitionsfonds. Nur so könnten die vielen Ausgabenbedarfe und der Anschein der schwarzen Null im Kernhaushalt zusammengebracht werden. DIW-Chef Fratzscher sieht auch positive Ansätze im Programmentwurf. Die Einführung einer Generationenrente und eines Familiensplittings etwa sei „ökonomisch sinnvoll“.