Bond-Trader Ken Leech unter Betrugsverdacht

Anklage gegen Starinvestor stürzt Franklin Templeton in Misere

Die US-Staatsanwaltschaft hat Star-Bondtrader Ken Leech wegen Betrugs angeklagt. Damit steigt auch der Druck auf Franklin Templeton, für deren Tochter Wamco der Investor aktiv war.

Anklage gegen Starinvestor stürzt Franklin Templeton in Misere

Anklage gegen Starinvestor stürzt Franklin Templeton in Misere

Von Alex Wehnert, New York

Eine vier Jahre alte Übernahme stürzt den US-Vermögensverwalter Franklin Templeton in eine Krise. Denn mit der 2020 abgeschlossenen Akquisition des Assetmanagers Legg Mason hatte sich das kalifornische Investmenthaus auch dessen Tochtergesellschaft Western Asset Management (Wamco) ins Boot geholt. Doch während die mehrere 100 Mrd. Dollar schwere Bondspezialistin zunächst als Herzstück des Deals galt, ist ihr Star-Trader nun ins Fadenkreuz der Justiz geraten. So läuft gegen den im August beurlaubten Ex-Wamco-Investmentchef Ken Leech nicht nur eine Zivilklage der US-Börsenaufsicht SEC, er sieht sich auch mit einer Anklage des Justizministeriums wegen Betrugs bei Wertpapier- und Rohstoffgeschäften sowie in der Anlageberatung konfrontiert.

Vorwurf der Bevorteilung

Leech habe sogenanntes Cherry-Picking betrieben und „seine bevorzugten Accounts zulasten anderer gestützt“, teilte Damian Williams, der leitende Bundesanwalt für den südlichen Bezirk von New York, zu Wochenbeginn mit. „Diese Anklage sollte eine Mahnung darstellen, dass unsere Behörde alle Ecken des Finanzmarkts kontrolliert und diejenigen unmittelbar zur Verantwortung zieht, die glauben, dass sie betrügen und das Vertrauen ihrer Kunden zu ihren eigenen Zwecken missbrauchen können“, betonte der Jurist.

Der ehemalige Wamco-CIO soll zwischen 2021 und Oktober 2023 eine illegale Strategie verfolgt haben, in deren Zuge er Trades platzierte und deren Performance abwartete, bevor er sie bestimmten Accounts zuordnete. So habe er bevorzugten Klienten mindestens 600 Mill. Dollar an Gewinnen aus Ersttransaktionen zugeschrieben und anderen Kunden, darunter institutionelle Investoren und Privatanleger, Verluste in äquivalentem Umfang beschert, obwohl er diesen die gleiche treuhänderische Verantwortung geschuldet habe. Andrew Dean, Co-Leiter des Assetmanagement-Teams in der Vollstreckungsabteilung der SEC, bezeichnete dies als „schockierenden Machtmissbrauch“. Leech habe davon sowohl auf professioneller als auch auf persönlicher Ebene profitieren können.

Für Wamco zieht die Krise massive Vertrauensverluste nach sich, die laut Analysten auch auf andere Investmentteams von Franklin Templeton überzugreifen drohen. Der kalifornische Vermögensverwalter hat im Oktober im Vergleich zum Vormonat einen Rückgang der Assets under Management um 48 Mrd. Dollar vermeldet. Der Großteil der langfristigen Mittelabflüsse von 18,5 Mrd. Dollar entfiel dabei auf Wamco. Seitdem Franklin Templeton im August offenlegte, dass US-Behörden gegen Leech ermitteln, sind der Tochter mehr als 55 Mrd. Dollar abgeströmt – dies bremste die Mutter bereits im dritten Quartal herb aus. Die an der New York Stock Exchange gelistete Franklin-Templeton-Aktie sackte im September auf den tiefsten Stand seit 2020 ab, trotz einer zwischenzeitlichen Kurserholung hat sie seit Jahresbeginn gerechnet rund ein Viertel ihres Werts verloren.

Die Analysten der Investmentbank TD Cowen sehen nun große Fragezeichen hinter der Fähigkeit von Wamco, auf sich gestellt zu überleben. Denn der bisherige Erfolg des Vermögensverwalters beruht auf seiner breiten Basis an institutionellen Investoren, die mitunter aber sehr strenge Anlageregeln befolgen müssen und den Umgang mit Fondsmanagern und Institutionen scheuen, die in strafrechtliche Verfahren verstrickt sind. Mehrere große Pensionsfonds und Arbeitnehmerversicherer wie der Chicago Teachers' Pension Fund oder das Ohio Bureau of Workers' Compensation ziehen im Zuge des Skandals um Leech weitere Mittel im Umfang von mehreren 100 Mill. Dollar ab und werden laut Insidern von Wamco-Rivalinnen wie Pimco umworben.

Die Bond-Konkurrentin und Allianz-Tochter musste einst ebenfalls milliardenschwere Mittelabflüsse verkraften, nachdem sie 2014 ihren Starmanager Bill Gross vor die Tür setzte. Hintergrund waren in diesem Fall wiederholte Streitigkeiten mit Kollegen. Doch während Pimco der Umschwung gelang, sieht die Situation bei Wamco anders aus. Denn neben den Reputationsproblemen, die aus Rechtsverfahren entstehen, schlägt sich die Legg-Mason-Gesellschaft auch mit einer schwachen Anlageperformance herum. Für Franklin Templeton, die sich modernisieren will und deshalb einen größeren Fokus auf Private Markets legt, kommt die Entwicklung zu einem schlechten Zeitpunkt.

Stimmen aus dem Umfeld des Vermögensverwalters sind nun bemüht, die Eigenständigkeit von Wamco hervorzuheben. Franklin-Chefin Jennifer Johnson bezeichnete die Beziehung zur Tochter bereits im Rahmen der jüngsten Zahlenvorlage als „ziemlich einzigartig“, externe Beobachter ordnen den Unternehmensverbund zwischen dem kalifornischen Haus und den übernommenen Legg-Mason-Gesellschaften insbesondere im europäischen Geschäft als äußerst lose organisiert ein. Bei der Akquisition im Jahr 2020 garantierte Franklin Wamco für mindestens fünf Jahre Unabhängigkeit.

Energische Verteidigung geplant

Gerade dies könnte es dem mit umfangreichen Befugnissen ausgestatteten Leech laut der US-Staatsanwaltschaft aber vereinfacht haben, sich über geltende Regeln hinwegzusetzen. Franklin Templeton will sich in der Angelegenheit auf Anfrage der Börsen-Zeitung nicht tiefergehend äußern. Laut CEO Johnson arbeitet die Gesellschaft nach einer Überprüfung durch externe Experten aber daran, Wamco robustere Trading-Auflagen zu verpassen. Franklin Templeton kooperiert nach eigenen Angaben vollumfänglich mit den Ermittlern. Leechs Anwälte wiederum bezeichnen die Vorwürfe gegen ihren Mandanten indes als „haltlos“ und kündigten an, der Star-Bondtrader werde sich „energisch verteidigen“.