Investor Relations in PersonMarc-Dominic Nettesheim. Lufthansa

Auf der Suche nach langfristigen Investoren

Die Lufthansa hätte gerne mehr langfristig orientierte Anleger. Deshalb wirbt die Investor-Relations Abteilung um Marc-Dominic Nettesheim nun bei Roadshows und Kapitalmarkttagen verstärkt um Investoren – keine leichte Aufgabe, da die Airline-Branche schwächelt.

Auf der Suche nach langfristigen Investoren

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langfristigen Investoren

lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Obwohl Marc-Dominic Nettesheim schon seit 2012 bei der Lufthansa ist, war seine Lernkurve in den ersten Monaten als Chef der Investor Relations „sehr steil“. Als er vor rund fünf Monaten sein Amt angetreten hat, sah die Gemengelage so aus: CFO Remco Steenbergen war auf dem Absprung, das Geschäft der Fluggesellschaft war nach einem kurzen Zwischenhoch nach der Pandemie wieder deutlich schwieriger geworden. Die Probleme spiegelten sich im Aktienkurs wider, der um die 7 Euro herumkroch. Da gibt es keine lange Einarbeitungszeit für einen Investoren-Kommunikator. Zudem musste dem Kapitalmarkt der umstrittene Einstieg bei der italienischen ITA schmackhaft gemacht werden. „Es gibt Analysten, die das früher kritisch gesehen haben, die sehen das jetzt positiv – etwa wegen der Bedeutung des Drehkreuzes Rom oder den niedrigeren Lohnkosten in Italien“, freut sich Nettesheim. „Das Verständnis für die Transaktion ist gewachsen.“

Geholfen hat dem 49-Jährigen in seinem neuen Job, dass er vorher den Bereich Mergers & Aquisitions (M&A) des Luftfahrtkonzerns geleitet hat. Transaktionen wie die mit der ITA kennt er aus dem Effeff. Beide Tätigkeiten haben zudem zwei Dinge gemeinsam, erklärt Nettesheim im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zum einen gehe es sowohl bei IR als auch bei M&A um eine ganzheitliche Betrachtung von Unternehmen. Und, noch wichtiger: „Es geht darum, Glaubwürdigkeit herzustellen“ – am Kapitalmarkt genauso wie im Zuge einer M&A-Transaktion.

Airline-Branche schwächelt

Richtig gefordert waren Nettesheim und sein siebenköpfiges Team, als die Lufthansa im Juli eine Gewinnwarnung verschicken musste. Die Erlösentwicklung kann im Passagiergeschäft nicht mehr mit der Kostenexplosion vor allem am Standort Deutschland Schritt halten, deshalb ist das zuvor prognostizierte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 2,2 Mrd. Euro im laufenden Geschäftsjahr nicht mehr zu schaffen. Jetzt geht das Lufthansa-Management von 1,4 Mrd. bis 1,8 Mrd. Euro aus. Völlig überraschend kam das für die Investoren wohl nicht, eine (negative) Entwicklung hatte sich bereits in der Branche abgezeichnet, zumal neben Lufthansa auch andere Airlines laut Nettesheim in Investorengesprächen auf eine Marktabschwächung hingewiesen hatten.

Nettesheim hat vor seiner Karriere im Luftfahrtkonzern bei der Dresdner Bank, dem Bankhaus Metzler und bei der Unternehmensberatung KPMG gearbeitet. Er hat, anders als viele Lufthanseaten, eigenem Bekunden zufolge nicht unbedingt „Kerosin im Blut“, aber die Themen Kommunikation und Luftfahrt haben ihn dennoch schon früh begleitet. Während seines Wehrdienstes hat er im Pressezentrum der Luftwaffe gearbeitet. „Ich bin in der Welt herumgereist und habe Artikel etwa zum Thema ‚Transportflugzeug-Tiefflugtraining in Kanada‘ verfasst“, erinnert sich der Vater zweier Kinder. Während seines BWL-Studiums in Köln, Barcelona und den USA habe er sich auch für ein Praktikum bei Lufthansa Consulting beworben, „aber die wollten mich nicht“. Also hat er bei einer Investmentbank hospitiert und ist erst einmal in der Bankenbranche hängen geblieben. „Investor Relations war aber schon immer auf meiner Favoritenliste ganz oben“, erinnert sich der Kölner, der nach einer Zwischenstation in München seit 2006 in Frankfurt lebt.

Die Techniktochter, für die der Einstieg eines Investors geplant war, bleibt jetzt doch komplett bei der Lufthansa
Picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski

Herausfordernd ist laut Nettesheim das breite Spektrum der Lufthansa-Investoren. Die Hälfte der Aktien ist in der Hand von Privatanlegern, zudem tummeln sich viele Hedgefonds im Aktionariat – „die stellen richtig gute Fragen, sind aber oft kurzfristig unterwegs“. Ziel sei es, den Anteil an längerfristig orientierten Anlegern zu erhöhen. Deshalb stehen nun mehr Roadshows auf der Agenda. Geplant ist außerdem im November ein Capital Markets Day bei der Tochter Lufthansa Technik. „Das wird von den Investoren und Analysten nachgefragt“, so der IR-Chef. Der zunächst geplante Einstieg eines Investors bei der Wartungstochter war vom Lufthansa-Vorstand kurzfristig abgesagt worden, nun soll die strategische Weiterentwicklung aus eigener Kraft gelingen. „Ein höheres Multiple für dieses Geschäft als für das reine Fluggeschäft ist gerechtfertigt, deshalb sollen Investoren einen genauen Blick auf Lufthansa Technik werfen können“, erklärt Nettesheim. Es helfe, wenn Investoren etwas über das Unternehmen, in das sie investiert haben, lernen, um das Erlernte dann in den Kurs einzupreisen.


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