Bernd Osterloh 65
Von Joachim Herr, München
Bernd Osterloh hat die Seite der Macht gewechselt. Der Mann, der zweifellos der mächtigste Betriebsratschef in Deutschland war, hatte im vergangenen Frühjahr in Anspielung auf den Kinoklassiker „Star Wars“ in einem Interview verkündet: „Es gibt die helle Seite der Macht, die Betriebsräte, und es gibt die dunkle Seite, die Unternehmensseite.“ Seit Mai steht er nun selbst im schwarzen Gebiet, als Personalvorstand von Traton, der Nutzfahrzeugholding von Volkswagen. Und das in einem Alter, in dem andere in Rente gehen. An diesem Sonntag wird der in Braunschweig geborene Industriekaufmann 65 Jahre alt.
Menschen wie Osterloh, die mit einem großen Ego und Sendungsbewusstsein ausgestattet sind, polarisieren. Es ist deshalb kein Wunder, dass der Wechsel auf die andere Seite der Macht im Branchengeflüster so dargestellt wird: VW-Vorstandschef Herbert Diess, den Osterloh bisweilen via Öffentlichkeit attackierte, konnte sich durchsetzen und erreichen, dass sein Widerpart von Wolfsburg nach München versetzt wurde. Und Osterloh wird dieser Transfer in den Süden mit einem üppigen Vorstandsgehalt versüßt.
Apropos Geld: In dieser Woche begann am Landgericht Braunschweig der Strafprozess gegen frühere Personalvorstände von VW. Es geht um den Verdacht der Untreue. Auch Osterloh soll zu hohe Gehälter und Boni erhalten haben (vgl. BZ vom 8. September). Seit 1977 ist er für VW tätig, von 2005 bis April dieses Jahres war er Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG.
Was macht Osterloh nun als Personalvorstand? Auf diese Frage hatte Matthias Gründler, der Vorstandschef von Traton, im Mai in einer Telefonkonferenz mit Journalisten geradezu hilflos gewirkt. Osterloh werde seine Aufgaben definieren und dann abarbeiten, antwortete Gründler. Ist die Tätigkeit für einen Personalvorstand denn nicht weitgehend festgelegt? Gründler entgegnete, jeder Vorstand definiere selbst, wo seine Schwerpunkte lägen. Dann fügte er noch hinzu: „Wir geben ihm eine faire Chance.“
Inzwischen mehren sich Berichte von Spannungen im Vorstand von Traton. Schon der Start war zumindest unglücklich, denn das Management in München soll von der Entscheidung in Wolfsburg über Osterlohs Wechsel überrascht worden sein. In der Branche wird auch nicht damit gerechnet, dass Gründler und Osterloh Freunde werden.
In dem Fragebogen der evangelischen Zeitschrift „Chrismon“ sagte Osterloh im Frühjahr über die zwei Teile der Macht auch noch: „Auf beiden Seiten werden Fehler gemacht. Grundsätzlich bitte ich jeden um Verzeihung, dem ich unrecht getan habe, da mache ich keine Unterschiede.“ Ob er da auch VW-Chef Diess im Sinn hatte?